Wer an der Börse Wertpapiere kauft, hat in der Regel ein schlichtes Ziel: eine möglichst hohe Rendite. Entsprechend einfach ist die oberste Devise der Anleger: möglichst günstig einsteigen und möglichst teuer aussteigen. In der Börsensprache heisst es in schlichter Prägnanz: «Buy low, sell high».
Aktienkurse: ein Buch mit sieben Siegeln
Was sprichwörtlich einfach klingt, ist in der Praxis schwierig umzusetzen. Sogenannte Chartanalysten lesen aus der Analyse von Aktienkursen Kauf- und Verkaufstrends ab. Sie versuchen, aus Kursverläufen der Vergangenheit zukünftige Entwicklungen zu erkennen und gewinnbringend zu nutzen.
Die Mehrheit der rationalen Anlegerinnen und Anleger ist heute jedoch der Meinung, dass sich der perfekte Zeitpunkt für den Kauf oder Verkauf eines einzelnen Wertpapiers nicht im Voraus bestimmen lässt – auch nicht mit einer ausgefeilten Chartanalyse.
Wenn Anlegerinnen und Anleger den richtigen Zeitpunkt erwischen, spielt meist der Zufall eine entscheidende Rolle. Manchmal ist es Glück, manchmal Pech: Hinterher ist man immer klüger.
Fundamental-Analysten und Index-Investoren
Viele Anhänger der Fundamental-Analyse räumen ein, dass die Sorge um das richtige Timing vergebliche Liebesmüh ist. Fundamentalanalysten wie der Grossinvestor Warren Buffett setzen stattdessen auf eine detaillierte Aktienanalyse oder Bewertung der jeweiligen Unternehmen. Die Idee dahinter: Alle Aktien machen das Auf und Ab der Börsen mit - aber die Kurse der unterbewerteten Aktien werden langfristig über viele Jahre überdurchschnittlich steigen.
Skeptiker der aktiven Anlagestrategie wie die passiven ETF-Investoren halten dagegen eine detaillierte Aktienanalyse in Zeiten transparenter Märkte für überflüssig. Wer diversifiziert in einen Index mit vielen Aktien investiere, sei nicht den unvorhersehbaren Schwankungen einzelner Titel ausgesetzt, so ihr Argument. Die Jagd nach unterbewerteten Aktien sei nicht nur zeitaufwändig, sondern auch vergeblich.
Was ist eine Aktie wert?
Trotz des zunehmenden Erfolgs passiver ETF-Instrumente hat die Fundamentalanalyse nach wie vor eine grosse Anhängerschaft. Doch gerade für Einsteiger ist die Aktienanalyse zunächst schwierig. Finanzexperten haben im Laufe der Jahre eine Reihe von Kennzahlen und Formeln entwickelt, mit denen sich der aktuelle Wert einer Aktie – und vielleicht sogar ihre zukünftige Entwicklung – berechnen lassen soll.
Wenn ein Unternehmen an die Börse geht, im Fachjargon IPO oder Going Public genannt, wird nach einem langwierigen Prüfungs- und Genehmigungsverfahren der Emissionspreis festgelegt oder – seltener – in einem Auktionsverfahren ermittelt. Der Emissionspreis ist der Wert, zu dem die börsennotierte Aktie erstmals auf dem Kapitalmarkt angeboten wird. Sind die Wertpapiere eines Unternehmens erst einmal im Umlauf, bleibt ihr Wert nicht fix, sondern verändert sich je nach Unternehmens- und Marktsituation.
Eine erste Beurteilungsgrundlage, ob eine börsennotierte Aktie aussichtsreich ist, also mit hoher Wahrscheinlichkeit im Kurs steigen wird, berechnen Analysten anhand des Unternehmenswertes. Die Überlegung ist einfach: Liegt der Wert aller Aktien unter dem ermittelten Unternehmenswert, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass der Aktienkurs steigt. Liegt er darüber, müssen Anleger davon ausgehen, dass sich der Aktienkurs mittelfristig auf dem Niveau des tatsächlichen Unternehmenswertes einpendeln wird.
Kennzahlen der Aktienbewertung
Um den Unternehmenswert und damit auch den vermuteten Aktienwert zu ermitteln, werden je nach Analystenschule unterschiedliche Kennzahlen verwendet.
Die wohl bekannteste Kennzahl ist das Kurs-Gewinn-Verhältnis, kurz KGV, bei dem der Aktienkurs ins Verhältnis zum Gewinn der Firma gesetzt wird. Je höher der Aktienkurs im Vergleich zum tatsächlichen Gewinn pro Aktie, desto höher ist das KGV. Da der betriebswirtschaftliche Gewinn jedoch eine Grösse ist, die sich durch allerhand Bilanzierungstricks beeinflussen lässt, wird das KGV mittlerweile von vielen Experten als für die Aktienanalyse problematisch erachtet.
Eine weitere Kennzahl ist das Kurs-Cashflow-Verhältnis (KCV). Es misst das Verhältnis des Aktienkurses zum Cashflow je Aktie. Das Kurs-Cashflow-Verhältnis gilt gegenüber dem Kurs-Gewinn-Verhältnis als weniger anfällig auf unterschiedliche Buchhaltungsmethoden. Sowohl KCV als KGV sind allerdings kurzfristige Kennzahlen, da sowohl der Gewinn als auch der Cashflow kurzzeitig stark schwanken können.
Das so genannte Price-Earning-Growth (PEG) trägt im Unterschied zum KGV dem Gewinnwachstum eines Unternehmens Rechnung. Auch das PEG bietet allerdings keine sichere Wachstumsprognose für die Zukunft, sondern hält bloss vergangene Gewinnwachstumsraten fest.
Als etwas längerfristiger als das KGV werden zudem häufig verwendete Kenngrössen wie das Kurs-Buchwert-Verhältnis (KBV) und das Kurs-Umsatz-Verhältnis (KUV) erachtet. Beide Kennzahlen sind jedoch in der Regel nur im Vergleich zu anderen Unternehmen derselben Branche aussagekräftig.
Neben den genannten Kennzahlen verwenden Aktienanalysten eine Reihe von absoluten Bewertungskennzahlen zur Beurteilung des Unternehmenswertes. Dazu gehört der Discounted Cash Flow (DCF), der die zukünftigen Cash Flows schätzt und den Kapitalkosten gegenüberstellt. Da niemand mit Sicherheit weiss, wie sich der Cashflow in Zukunft entwickeln wird, gilt die DCF-Methode als entsprechend unsicher.
Aktien bewerten: eine Kunst?
Aus der Flut der verschiedenen Kennzahlen und Methoden stellen sich die Bewertungsexperten jeweils ihren eigenen Mix zusammen, indem sie verschiedene Kennzahlen mit eigenen Formeln weiterverarbeiten. Häufig werden auch branchenspezifisch unterschiedliche Kennzahlen herangezogen, die für die jeweilige Branche als besonders aussagekräftig gelten.
Für Unternehmen im Wachstum werden in der Regel absolute Kennzahlen wie der Discounted Cash Flow angewendet, während reifere und «stabilere» Firmen in der Regel mit Verhältniskennzahlen analysiert werden. Ein Vergleich mit anderen Aktientiteln der jeweiligen Branche ist dabei unerlässlich – ein branchenübergreifender Vergleich hingegen häufig problematisch.
Die Vielzahl unterschiedlicher Methoden und Kennzahlen ohne eindeutige Sieger lässt es erahnen: Aktienbewertung ist keine Wissenschaft. Wer hin und wieder ein glückliches Händchen bei der Aktienauswahl bewiesen hat, mag es für eine Kunst halten.
Last but not least darf der Hinweis auf eine Methode nicht fehlen, die zwar ebenso wenig unfehlbar ist, dafür aber umso mehr Spass macht. Die Rede ist vom Investieren nach dem Lustprinzip. Warum nicht Aktien von Firmen kaufen, die einem Freude bereiten? Oder in Firmen investieren, die nachhaltige Produkte mit gesellschaftlichem Mehrwert herstellen? Sollte der künftige Kurs nicht den Erwartungen entsprechen, bleibt zumindest der Trost, in eine gute Sache investiert zu haben.
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Weitere Informationen:
Aktien-Rechner der Schweiz
Grosser Trading-Vergleich Schweiz
Kurs-Gewinn-Verhältnis
Kurs-Umsatz-Verhältnis
Kurs-Cashflow-Verhältnis
Price-Earning-Growth PEG
Kurs-Buchwert-Verhältnis