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Das sind die Folgen des Ukraine-Kriegs in der Finanzwelt

28. Februar 2022 - Raphael Knecht

Russland hat die Ukraine angegriffen – die westlichen Mächte erheben Sanktionen. Der Krieg hat wirtschaftliche Konsequenzen, auch für Anlegerinnen und Anleger in der Schweiz.

Der in Europa ausgebrochene Krieg zwischen Russland und der Ukraine verursacht bereits jetzt viel Leid und Angst – sowohl in den direkt betroffenen Ländern, als auch im Rest des Kontinents und der ganzen Welt. Wie sich der Konflikt auf die Wirtschaft und die Finanzwelt auswirkt, lesen Sie in diesem Artikel von moneyland.ch.

Aktienmärkte brechen zusammen

Die russische Börse erlitt katastrophale Verluste: Der MOEX Russia Index, der im vergangenen Oktober gerade noch ein Rekordhoch erreicht hatte, sackte am Tag des ersten Angriffs um ein Drittel ein. Dieser Zusammenbruch gehört damit gemäss Bloomberg zu den grössten Eintagesverlusten eines Aktienindexes aller Zeiten. Die Moskauer Börse stellte nach dem ersten Crash rund zwei Stunden lang den Handel ein. Die ukrainische Börse ist seit dem 24. Februar als Reaktion auf den Angriff komplett geschlossen.

Auch Aktienmärkte ausserhalb der beiden direkt betroffenen Länder haben mit Verlusten reagiert – sie waren aber wesentlich weniger heftig. Der Weltaktienindex von MSCI gab um knapp 2.7 Prozent nach, beim Swiss Performance Index (SPI) waren es um die 2.4 Prozent. Die weltweiten Aktienmärkte schwächelten allerdings bereits im Vorfeld der russischen Attacke. Die beiden Indizes sind seit Jahresbeginn jeweils rund 10 Prozent im Minus.

Unter den grössten Schweizer Titeln litten besonders die Banken. Die UBS-Aktie verlor an einem Tag über 8 Prozent ihres Werts, bei der Credit Suisse waren es knapp 5 Prozent. Bereits am Tag des Angriffs wurde vermutet, dass wichtige russische Banken vom Zahlungsnetzwerk Swift ausgeschlossen werden könnten – zwei Tage danach wurde diese Massnahme effektiv beschlossen.

Rubel stürzt ab

Am Tag der Invasion verlor der russische Rubel bereits massiv an Wert. Am Wochenende darauf beschloss die EU weitere Sanktionen. Nun kann die russische Zentralbank unter anderem ihre Währung nicht mehr mit Transaktionen an den westlichen Finanzmärkten stützen. Die Konsequenz: Der russische Rubel verlor am Montag gegenüber dem Dollar schlagartig rund 30 Prozent an Wert. Der Handel an der russischen Börse wurde daraufhin erneut ausgesetzt.

Die Entwicklung führte auch dazu, dass Kundinnen und Kunden massenweise Gelder von russischen Banken abgezogen haben. Die europäische Tochter der russischen Sberbank ist darum laut der Europäischen Zentralbank bereits jetzt nahezu zahlungsunfähig.

Kryptos schlagen wild aus

Wenn es an der Börse kracht, geht es den Kryptowährungen oft noch schlechter. Kurz nach Russlands Angriff stürzten mehrere dieser Währungen, darunter auch Bitcoin, um fast 10 Prozent ab. Immerhin erholten sie sich weitestgehend bis am Folgetag.

Die Entwicklung zeigt allerdings, dass Kryptowährungen in Krisen aktuell keine Stabilität bieten. Stattdessen schlagen diese volatilen Anlagen in solchen Situationen umso wilder aus. Insbesondere Bitcoin wird von manchen Anlegerinnen und Anlegern als eine Art sicherer Hafen angesehen – ähnlich wie Gold, das direkt nach Beginn der Attacke in die Höhe schoss. Der Bitcoin-Kurs entwickelte sich im Vergleich zum Goldpreis in den vergangenen Tagen hingegen fast gegenläufig.

Energiepreise steigen

Die Energiepreise schossen schon vor dem tatsächlichen Angriff Russlands in die Höhe. Innert weniger als zwei Monaten war der Rohölpreis um über 20 Prozent gestiegen. Am Tag der Invasion war die Aufwärtsbewegung mit rund 0.7 Prozent hingegen nicht so extrem. Es zeichnete sich vorerst eine Stabilisierung ab.

Was die Energiepreise betrifft, war der Konflikt also vor allem bereits vor der Eskalation spürbar. Die Schweizer Benzinpreise lagen gemäss Daten von Shell schon im Januar 2022 fast 18 Prozent über dem Vorjahresmonat. Beim Diesel sind es über 15 Prozent.

Allerdings sind die Sorgen um die Energieversorgung in Europa trotz einer möglichen Stabilisierung beim Preis noch nicht vorbei. Viele Beobachter und Händler befürchten weitere Komplikationen, zumal ein grosser Teil der in Europa genutzten fossilen Brennstoffe aus Russland stammt. Nicht nur das – Benzin wird teils über ukrainische Pipelines transportiert. Aufgrund des aktuellen Kriegs könnten diese Transportwege künftig ausfallen oder zumindest weniger zuverlässig sein. Sollte Russland die Versorgung Europas langfristig einstellen, würde das wahrscheinlich zu einer Energiekrise führen.

Finanzdienstleistungen sind eingeschränkt

Einige europäische Finanzdienstleister haben Kundinnen und Kunden in den vergangenen Tagen gewarnt, dass es aufgrund des Konflikts womöglich Einschränkungen – beispielsweise beim Kauf oder Verkauf von russischen Wertschriften – geben kann. Am Montag nach dem Angriff verkündete die russische Zentralbank, dass Anlegerinnen und Anleger von ausserhalb Russlands vorläufig keine russischen Wertpapiere mehr verkaufen dürfen.

Die Ukrainische Nationalbank hat als Reaktion auf den Angriff sofort eine Reihe von Massnahmen beschlossen, mit denen die Finanzdienstleistungen im Land eingeschränkt werden. Gemäss der Bank können Einzelpersonen derzeit lediglich 100’000 Ukrainische Griwna pro Tag von ihrem Konto abheben. Das entspricht rund 3000 Franken. Auch die Ausgabe von Geld in Fremdwährungen und die Ausgabe von elektronischem Geld (zum Beispiel PayPal) wurden verboten. Es handle sich dabei um temporäre Massnahmen, schreibt die Nationalbank. Wann sie wieder aufgehoben werden, ist unklar.

Geld wird eingefroren

Die EU hat wegen des Angriffs auf die Ukraine beschlossen, russische Gelder auf europäischen Banken einzufrieren. Nach einigen Tagen schloss sich auch die Schweiz an und sperrte Gelder von Kundinnen und Kunden, die auf der EU-Sanktionsliste stehen. Dabei handelt es sich unter anderem um russische Banken, Mitglieder des russischen Föderationsrats Duma sowie Armeeangehörige. Auch die Eröffnung neuer Geschäftsbeziehungen mit diesen Personen ist in der Schweiz verboten.

Weizen und Aluminium so teuer wie nie

Die Ukraine und Russland sind wichtige Exporteure für Getreide (insbesondere Weizen und Mais). Metalle und Stahlprodukte werden ebenfalls in grossen Mengen exportiert. Am Tag des Angriffs kam es in Europa zu Preissprüngen bei Weizen und Aluminium. Beide Güter wurden zu Rekordpreisen gehandelt.

Bereits in der Vergangenheit, als Russland die Krim annektierte, kam es zu massiven Preissprüngen bei Getreideexporten von um die 20 Prozent. Es ist aber denkbar, dass die Situation diesmal noch viel ernster wird, weil nicht nur ein kleiner Teil der Ukraine von diesem Angriff betroffen ist. Auch ist unklar, wie lange es gehen wird, bis die Preise wieder auf das Vorkriegsniveau sinken werden.

Firmen legen Fabriken still

Aufgrund des Kriegs haben viele Unternehmen, beispielsweise Nestlé und Coca Cola HBC, bekanntgegeben, dass sie Fabriken in der Ukraine vorläufig schliessen müssen. Viele dieser Firmen betreiben in der Ukraine Standorte mit Tausenden Mitarbeitern. Wenn die Konzerne diese Produktionsausfälle nicht anderweitig auffangen können, könnte das zu weiteren Engpässen und Preiserhöhungen auf Konsumentenseite führen.

Auch viele Transportwege für den internationalen Handel sind derzeit massiv eingeschränkt, was weitere Lieferkettenprobleme verursachen dürfte.

Telefonate sind gratis

Die Schweizer Telekom-Firmen haben ebenfalls auf den Krieg reagiert und bekanntgegeben, dass ab sofort Anrufe aus der Schweiz in die Ukraine und umgekehrt für alle Privatkunden gratis sind. Während bei Salt und Sunrise UPC lediglich Telefonate betroffen sind, schreibt die Swisscom, dass sämtliche Roaming-Kosten in der Ukraine erlassen werden. Salt und Swisscom teilen mit, dass diese Regelung vorerst bis Mitte März gilt. Sunrise UPC nennt kein konkretes Gültigkeitsdatum.

Weitere Informationen:
Anlegen und Vorsorgen auf moneyland.ch

Die erste Fassung dieses Artikels erschien am 25. Februar 2022.

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Redaktor Raphael Knecht
Raphael Knecht war bis Ende Februar 2023 Analyst und Fachredaktor bei moneyland.ch. Seither unterstützt er die Redaktion gelegentlich als Freelancer.