Die Frage nach dem Glück – und inwiefern es mit Geld zusammenhängt – beschäftigt die Menschheit schon seit geraumer Zeit. Für den Volksmund ist klar: Geld – oder zumindest Geld allein – macht nicht glücklich.
Dennoch halten die meisten Personen in westlichen Gesellschaften ein höheres Einkommen und grösseres Vermögen für absolut erstrebenswert. Wie lässt sich das erklären, wenn Geld doch scheinbar gar nicht glücklich macht?
Glück – was heisst das eigentlich?
Der Begriff des Glücks hat zum einen eine soziokulturelle Komponente. So bestimmen Gesellschaft und Kultur massgeblich mit, was unter Glück verstanden und wie es bewertet wird. Als wichtige Bestandteile von Glück werden von einer Mehrheit der westlichen Bevölkerung gute soziale Kontakte (Familie, Freunde, Partner), eine gute Gesundheit und Zufriedenheit im Berufsleben erachtet. Zugleich gibt es allerdings eine subjektive Komponente: Was den einzelnen glücklich macht, kann individuell unterschiedlich sein.
Glück wird von den meisten Menschen als höchstes Gut empfunden. Anders formuliert: Glück wird häufig als Zweck verstanden, während Geld – wenn überhaupt – bloss Mittel zum Zweck ist. Das ist bereits in der Vergangenheit der Fall gewesen und von zahlreichen Philosophen von Aristoteles bis in die Neuzeit propagiert worden. In einer zunehmend individualisierten Gesellschaft intensiviert sich das Streben nach Glück aber zusehends.
Viele der «Puzzle-Teile» für ein glückliches Leben können durch ein gesteigertes Vermögen nicht direkt beeinflusst werden. Ein reicher Mensch ist nicht automatisch glücklich, weil er viel Geld auf der hohen Kante hat. Wer an einer unheilbaren Krankheit leidet oder von Einsamkeit geplagt wird, kann auch mit viel Geld nicht viel daran ändern.
Geld macht zufriedener
Trotzdem: Verschiedene Studien zeigen, dass ein höheres Einkommen glücklicher macht. Will heissen: Personen, die mehr verdienen, schätzen ihr subjektives Wohlbefinden höher ein als ärmere Personen.
Glück ist aber leider vergänglich. Davon können viele Lotto-Gewinner ein Lied singen. Nicht wenige der glücklichen Gewinner sind nur kurzfristig glücklich. Wie an andere Lebenssituationen gewöhnt man sich eben auch an Reichtum. Da Glück häufig kurzfristig verstanden wird, sprechen Glücksforscher anstelle des «Glücks auf die Dauer» eher von Lebenszufriedenheit.
Natürlich beeinflussen diverse weitere Faktoren dieses subjektive Wohlbefinden – aber das Einkommen beziehungsweise das Vermögen ist ein wichtiger Bestandteil. Gemäss Ökonom und Glücksforscher Bruno S. Frey lassen sich die Studienresultate für entwickelte westliche Gesellschaften zu einem grossen Teil auch auf Schwellen- und Entwicklungsländer übertragen. Glücksforscher messen sogar den Glücksquotienten ganzer Länder. Auch hier gilt dabei die vereinfachte Faustregel: Je reicher ein Land, desto zufriedener ist es.
Wie Forscher wie Frey festgestallt haben, ist dabei die Relation zwischen Glück und Einkommen nicht linear. Ökonomisch ausgedrückt nimmt der Grenznutzen ab. Zu deutsch: Je mehr Geld man hat, desto geringer ist die Glückszunahme durch zusätzliches Geld. Ein Multimillionär freut sich an weiteren tausend Franken in der Regel deutlich weniger als ein Tellerwäscher.
Oberhalb des Existenzminimums ist zudem weniger der absolute, sondern vielmehr der relative Geldbetrag entscheidend. Menschen sind vergleichende Wesen: Für die eigene Zufriedenheit und den sozialen Status innerhalb der Gesellschaft ist vor allem entscheidend, dass man nicht weniger hat als der Vergleichsmassstab.
Geld bringt Sicherheit
Dass Geld und insbesondere ein höheres Einkommen bei vielen zur allgemeinen Zufriedenheit beitragen kann, bestätigt auch eine Studie des kanadischen Psychologen Kushlev und seinem Team von der University of British Columbia. Sie befragten für ihre Studie über 12'000 Probanden.
Das Haushaltseinkommen der Probanden wurde dabei auf einer von Skala von 1 bis 16 gemessen, wobei die 1 für ein Haushaltseinkommen von weniger als 5’000 US-Dollar und 16 für mehr als 150’000 US-Dollar stand. Während die eine Hälfte der Befragten einen Werktag beschreiben musste, wurde die andere Hälfte zu einem Samstag oder Sonntag interviewt. Gleichzeitig wurden verschiedene Faktoren festgehalten, die für Gefühle des Glücks oder Unglücks verantwortlich sein könnten.
Fazit der Studie: Menschen mit einem hohen Einkommen sind nicht automatisch glücklicher als Menschen mit niedrigerem Einkommen. Besser Verdienende sind aber weniger «traurig». Dies klingt je nach Begriffsverständnis paradox, ist aber so zu verstehen: Ein Mensch, der nicht glücklich ist, ist nicht automatisch traurig. Wer nicht traurig ist, muss sich nicht unbedingt glücklich fühlen.
Erklären lässt sich der Umstand unter anderem mit der Sicherheit, die von einem hohen Einkommen ausgehen kann. Nicht jede schwierige Lebenslage lässt sich durch Geld bewältigen, doch es gibt viele Situationen, in denen ein Mangel an Einkommen viel Stress und Sorgen bedeuten kann.
Wer über kein finanzielles «Polster» verfügt, wird beispielsweise durch unvorhergesehene Ausgaben schnell aus der Bahn geworfen. Wenn für dringend nötige Operationen oder Wohnungsreparaturen Geld aufgebracht werden muss, fehlt dieses dann an anderer Stelle – zum Beispiel für die Krankenkassen-Prämien oder die jährlichen Familienferien.
Unter Umständen muss ein Kredit aufgenommen werden, der dann über Monate oder Jahre als Schuld auf den Schultern der Kreditnehmer lastet. Solche Umstände können das Wohlbefinden der betroffenen Personen stark beeinflussen.
Personen mit höheren Einkommen können mit ähnlichen Situationen ganz anders umgehen. Unvorhergesehene Ausgaben können zwar ärgerlich sein, können jedoch beglichen werden, ohne dass diese weitreichende Konsequenzen für die eigene Lebenssituation hätten.
Eine finanziell abgesicherte Person ist zwar nicht zwangsläufig glücklicher. Die Wahrscheinlichkeit ist allerdings höher, dass sich reiche Personen weniger mit finanziellen Alltagsproblemen herumschlagen müssen, die sich negativ auf die Lebenszufriedenheit auswirken.
Ihre Moneyland-Redaktion