Ein Zürcher Hausbesitzer hat seiner Bank trotz negativem Libor jahrelang Zinsen auf seine Hypothek bezahlt. Nun fordert er über 100'000 Franken plus Verzugszinsen zurück. Laut einem neuen Entscheid des Obergerichts Zürich könnte er damit durchkommen. Der Hausbesitzer könnte die bezahlte Marge auf dem Libor zurückerhalten.
Können auch Sie Ihre bereits bezahlten Hypothekarzinsen zurückfordern? Hier beantwortet moneyland.ch die wichtigsten Fragen.
Um welche Hypotheken geht es?
Es geht um Libor-Hypotheken, die abgeschlossen wurden, bevor der Libor-Zinssatz unter null Prozent fiel. Es handelt sich somit um Verträge, die vor dem Jahr 2015 abgeschlossen wurden. Je nach Vereinbarung wurde die Möglichkeit eines negativen Libor-Zinssatzes nicht berücksichtigt.
Warum zahlen Hypothekarnehmer bei negativem Libor überhaupt Zinsen?
Die Banken schlagen eine Marge auf den Libor-Referenzzinssatz. Steht der Libor bei 0.5 Prozent und die Marge der Bank beträgt ebenfalls 0.5 Prozent, zahlen Kundinnen und Kunden 1 Prozent Zinsen auf die Hypothek.
Als der Libor nun ins Negative fiel, haben viele Schweizer Banken ihre Marge mit einem so genannten «Nullzinsfloor» verrechnet – als würde der Libor bei 0 Prozent liegen. Beispiel: Bei einem Libor von -0.7 Prozent und einer Marge von 0.4 Prozent verrechnete die Bank dem Hypothekarnehmer 0.4 Prozent statt -0.3 Prozent.
Kann ich bereits bezahlte Zinsen meiner Libor-Hypothek zurückfordern?
Geht es nach dem Rechtsanwalt Harald Bärtschi, Leiter des Zentrums für Unternehmens- und Steuerrecht an der ZHAW, könnte es schwierig werden. Im Fall des Zürcher Hausbesitzers sei primär der Kunde in der Pflicht, zu beweisen, dass auch nachträglich kein Nullzinsfloor vereinbart wurde.
Wenn die Bank ihre Kunden jeweils schriftlich über die verrechnete Marge informiert hat, legt das laut dem Zürcher Obergericht die Vermutung nahe, dass mit dem Kunden ein Nullzinsfloor vereinbart wurde – auch wenn das nicht im ursprünglichen Vertrag stand.
«Massgeblich ist stets, was die Parteien vereinbart haben», sagt Bärtschi auf Anfrage von moneyland.ch. Wenn keine tatsächliche Einigung besteht, müsse jeder Fall einzeln angeschaut werden. Die Frage sei, wovon die Parteien gemäss Vertrauensprinzip ausgehen durften. Das Vertrauensprinzip besagt, dass Vertragspartner den Vertrag so auszulegen haben, wie es die andere Partei von sich aus ebenfalls interpretieren würde.
Bei welchen Verträgen sind die Chancen am besten?
Bei Verträgen ohne Begrenzung des Basissatzes nach unten und ohne anderweitige Absicherung der Marge stehen die Chancen auf eine Rückerstattung am besten. Eine Rückforderung kann laut Bärtschi am ehesten geltend gemacht werden, wenn man bereits beim Vertragsabschluss damit rechnen musste, dass Negativzinsen bevorstehen. Spätestens Ende 2014 war das der Fall.
Gibt es eine Verjährung?
Ja, bei Zinszahlungen gilt normalerweise eine Verjährungsfrist von fünf Jahren. Bei einer vertraglichen Rückerstattung sind es zehn Jahre, sagt Bärtschi: «Je weiter die Zinszahlungen zurückliegen, desto eher haben die Vertragsklauseln zwar noch keine klare Regelung zu den Negativzinsen enthalten, aber umso grösser ist auch das Risiko der Verjährung.»
Dazu kommt, dass laut Bundesgericht auch zu Unrecht erfolgte Kontobelastungen als akzeptiert gelten können, wenn der Kunde nicht innert der nach den AGB vorgesehen Frist Einspruch erhebt. Diese Frist beträgt üblicherweise einen Monat. «Wenn der Kunde nicht reklamiert, kommt es unter Umständen zu einer stillschweigenden Änderung des Vertrags», sagt Bärtschi.
Was sollte ein Hypothekarnehmer nun tun?
Wenn Sie als Hypothekarnehmer glauben, dass Ihnen unrechtmässige Zinsen verrechnet wurden, müssen Sie als erstes Einspruch gegen die Kontobelastungen erheben. Sollte die Bank auf den Zinsen beharren, können Sie die Beträge gerichtlich zurückfordern. «Das ist aber nur sinnvoll, wenn die mit der Bank getroffene Vereinbarung die Verrechnung der Marge nicht zulässt», so Bärtschi.
Weitere Informationen:
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