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Netflix & Co.: Gibt es bald Alternativen zum klassischen Abo?

5. Juli 2022 - Ralf Beyeler

Bisher setzt Netflix nur auf Monats-Abos. Das dürfte sich bald ändern. Der Telekom-Experte Ralf Beyeler von moneyland.ch verrät in seinem Blogbeitrag, wie wahrscheinlich in Zukunft Gratis-Netflix, ein Budget-Abo oder der Verkauf von einzelnen Serien ist.

Heute gibt es weltweit um die 220 Millionen Netflix-Abos. Während vielen Jahren ist der Streamingpionier Quartal für Quartal stark gewachsen. Doch jetzt wird es für Netflix schwieriger, noch viele Neukundinnen und -kunden zu gewinnen. In der Schweiz nutzten Anfang 2022 gemäss einer repräsenativen Umfrage von moneyland.ch bereits 58 Prozent der Bevölkerung Netflix

Statt wie bisher einzig auf ein Abo-Modell zu setzen, wird Netflix den Konsumentinnen und Konsumenten in Zukunft Alternativen anbieten müssen. Denn mit dem klassischen Abo-Modell dürfte Netflix nicht mehr gross wachsen können.

Ich beobachte ähnliche Entwicklungen schon seit Jahrzehnten in anderen Märkten. So gab es beispielsweise in der Mobilfunkbranche ein ähnliches Wachstum: Bis Ende der 1990er-Jahre waren Mobiltelefone eine Nische. Um die Jahrtausendwende schafften sich sehr viele Menschen in der Schweiz ein Handy an. Dementsprechend konnten alle Mobilfunk-Provider ihre Kundenzahlen und ihre Umsätze stark erhöhen, ohne sich gross anstrengen zu müssen. Ab etwa 2005 war der Markt dann zunehmend gesättigt. Die Mobilfunk-Provider mussten sich anpassen. Sie taten dies insbesondere mit Zweit- und Drittmarken, später mit der Einführung von Flatrates und mit Aktionsangeboten.

Ich gehe davon aus, dass sich diese Geschichte bei den Streamingdiensten – zumindest in ähnlicher Form – wiederholen wird. Wir Konsumentinnen und Konsumenten haben dann den Vorteil, dass das Angebot vielfältiger wird. Diese neuen Modelle könnten auf Netflix-Konsumentinnen und -Konsumenten zukommen:

1. Rabatt für bisherige Gratis-Nutzer

In einzelnen Ländern wie Chile, Peru und Costa Rica testet Netflix dieses Modell bereits. Identifiziert Netflix Personen, die über das Log-in eines Bekannten den Streamingdienst nutzen, offeriert Netflix diesen Nutzerinnen und Nutzern ein Abo zu einem massiv reduzierten Preis.

 

2. Budget-Abo

Im Supermarkt-Regal sind Billigmarken-Produkte – zum Beispiel M-Budget von Migros oder Prix Garantie von Coop – weit verbreitet. Auch bei Handy-Abos und weiteren Dienstleistungen gibt es Billigangebote. Ich kann mir auch ein Netflix-Budget-Abo gut vorstellen.

Zwar bietet Netflix heute drei verschiedene Abos, doch erhalten die Zuschauer mit jedem Abo den gesamten Content, inklusive der neuesten Serienfolgen und Filme. Bei einem Billig-Abo würde der Konsument weniger bezahlen und dafür ein eingeschränktes Angebot erhalten. Eine mögliche Einschränkung wäre beim Billig-Abo, dass die neuesten Serienfolgen und Filme nicht verfügbar sind. Ausserdem dürfte die Bildqualität eher schlecht sein – denn beim aktuell billigsten Netflix-Abo wird bereits heute lediglich die niedrige SD-Auflösung angeboten.

3. Tagespass

Insbesondere für Wenignutzer dürfte ein Tagespass ein sinnvolles Angebot sein. Die Zuschauerin oder der Zuschauer kauft einen Tagespass und kann dann während eines Tages beliebig viele Filme und Serien auf Netflix schauen. Der Vorteil ist, dass Zuschauerinnen und Zuschauer kein Abo abschliessen müssen, das sie dann später wieder kündigen müssen. Der Nachteil: Wenn Sie beispielsweise eine coole Serie entdecken und diese nicht an einem Tag fertigschauen können, müssen Sie einen weiteren Tagespass oder ein Abo abschliessen, um zu erfahren, wie es weitergeht. Ab einer bestimmten Anzahl Tage dürfte sich ein Abo mehr lohnen als mehrere Tagespässe.

4. Werbefinanziertes Angebot

Mit einem solchen Angebot dürfte sich Netflix schwer tun. Denn es besteht die Gefahr, dass Kundinnen und Kunden, die eher selten Netflix schauen, ihr Abo kündigen werden. Ich erwarte, dass bei einem werbefinanzierten Angebot nicht die neuesten Serienfolgen und Filme verfügbar sein werden. Dies weil Netflix die Kunden dazu bringen möchte, ein Abo abzuschliessen statt die Werbeversion zu konsumieren.

5. Zweit- und Drittmarken

Bei Handy-Abos, aber beispielsweise auch bei Lebensmitteln, sind Zweit- und Drittmarken weit verbreitet. Sobald ein Markt gesättigt ist, setzen viele Firmen auf Zweitmarken, um zusätzliche Kundinnen und Kunden gewinnen zu können, die nie ein Produkt der Hauptmarke kaufen würden. Bei einem Streamingdienst wie Netflix halte ich eine Zweit- und Drittmarke aber für eher unwahrscheinlich. Netflix setzt sehr stark auf exklusive Produktionen. Diese Filme und Serien sind somit eng mit der Marke Netflix verbunden. Netflix dürfte nicht zulassen, dass exklusiver Content auf Plattformen verfügbar ist, die scheinbar keinen Zusammenhang mit Netflix haben.

6. Filme und Serien mieten

Gerade aufgrund des Erfolgs von Netflix und anderen Streamingdiensten ist das Mieten von Filmen zwar ein Auslaufmodell. Paradoxerweise könnte das Mieten aber eine Renaissance erleben. Bei diesem Modell kann der Kunde einen Film oder eine Serie mieten und zum Beispiel innerhalb von 24 Stunden ansehen. Wenn der Preis stimmt, dürften einige Zuschauer das einmalige Mieten von Filmen oder Serien bevorzugen.

7. Einzelne Filme und Serien kaufen

Ein grösseres Potential dürfte für Netflix das Verkaufen von einzelnen Filmen und Serien haben. Zuschauerinnen und Zuschauer kaufen sich für einen einmaligen Preis die Staffel einer Serie und dürfen dann alle Folgen lebenslang beliebig oft anschauen. Die Vorteile: Einerseits muss der Kunde kein Abo abschliessen, andererseits kann er die Serie ganz ohne Stress schauen.

8. Gutscheine auf Markenprodukten

Bei Handy-Abos, aber beispielsweise auch bei Kreditkarten, ist die Zusammenarbeit mit anderen Firmen weit verbreitet. So gibt es in der Schweiz etwa Handy-Abos und Kreditkarten von Migros und Coop. Netflix würde wohl mit einem internationalen Grosskonzern zusammenarbeiten. Denkbar ist zum Beispiel, dass auf jeder Coca-Cola-Flasche oder jedem Joghurt einer bestimmten Marke ein Code aufgedruckt ist. Mit dem Code könnten die Konsumentinnen und Konsumenten eine bestimmte Serie gratis schauen oder eine bestimmte Anzahl Netflix-Minuten gutgeschrieben erhalten.

Welchen Modellen gehört die Zukunft?

Es ist klar, dass Netflix nicht alle Modelle umsetzen wird. Ich habe mögliche Ideen skizziert, welche Angebote Netflix und auch andere Streamingdienste in Zukunft als Alternative zum Abo anbieten könnten.

Es ist natürlich wichtig, dass Netflix auch in Zukunft Filme und Serien produzieren wird, die bei den Zuschauerinnen und Zuschauer ankommen werden. Denn bei Streamingdiensten gilt stark das Motto «Content is King» (engl. «Der Inhalt ist König»).

Aber auch wenn Netflix in Zukunft attraktiven Content bereitstellen kann, steht der Konzern vor einer grossen Herausforderung: Das bestehende Abo-Modell ist für den Streamingdienst am lukrativsten. Die Herausforderung ist für Netflix, neue Kundinnen und Kunden zu gewinnen, ohne dass zu viele bestehende Kunden von einem Abo auf ein weniger lukratives Angebot wechseln. 

Was denken Sie zu Netflix? Finden Sie ein Monats-Abo gut oder würden Sie eine Alternative vorziehen? Schreiben Sie im Forum mit.

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Ralf Beyeler ist Telekom- und Geld-Experte bei moneyland.ch.