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So stiehlt die Schweiz

29. Januar 2019 - Benjamin Manz

moneyland.ch hat im Rahmen einer repräsentativen Umfrage untersucht, wie oft und in welchen Situationen die erwachsene Schweizer Bevölkerung absichtlich nicht zahlt. Resultat: Schweizerinnen und Schweizer stehlen häufiger als erwartet. Je nach Altersgruppe, Region und Geschlecht gibt es teilweise markante Unterschiede.

Schweizerinnen und Schweizer stehen im Ruf, besonders ehrlich zu sein und nur selten zu stehlen. Doch stimmt das wirklich? 

moneyland.ch hat im Rahmen einer repräsentativen und anonymen Online-Umfrage 1500 Personen in der Deutsch- und Westschweiz (durchgeführt durch das Schweizer Marktforschungsintitut Ipsos) zu ihrem Diebstahl-Verhalten im Erwachsenen-Alter befragt. Dabei mussten sie die Frage beantworten, wie oft sie als erwachsene Person schon einmal absichtlich nicht bezahlt, das heisst gestohlen hatten. 

Befragt wurden die Personen, ob sie in den folgenden Situationen, Geschäften beziehungsweise an den folgenden Orten schon einmal absichtlich etwas nicht bezahlt hatten: im Restaurant, im Hotel, in der Migros, im Coop, an Selbstbedienungskassen, in öffentlichen Verkehrsmitteln (schwarzfahren), in der Bibliothek, am Arbeitsplatz, in der Post, in der Apotheke, im Kleiderladen, Elektro-Geschäft und weiteren Geschäften. 

Erstaunlich hohe Diebstahlraten

Die Schweiz gilt – nicht zuletzt aufgrund des hohen Wohlstands – als Land mit einer tiefen Diebstahlrate. «Trotzdem geben nur rund die Hälfte (51%) der Befragten an, als erwachsene Person noch nie etwas gestohlen zu haben», so Benjamin Manz, Geschäftsführer von moneyland.ch.    

Am häufigsten zahlt die Schweizer Bevölkerung in den folgenden Situationen beziehungsweise an den folgenden Orten absichtlich nicht: In öffentlichen Verkehrsmitteln (34% sind schon mindestens einmal schwarzgefahren), am Arbeitsplatz (18% haben schon mindestens einmal etwas gestohlen), im Restaurant und Hotel (je 13% haben schon mindestens einmal absichtlich nicht gezahlt), in der Migros (12%) und im Coop (11%).     

Junge stehlen markant häufiger    

Um es auf den Punkt zu bringen: «Je älter die Bevölkerung, desto weniger häufig klauen sie», so Benjamin Manz. Bei der Altersgruppe der 50- bis 74-Jährigen geben 60% an, noch nie in ihrem Erwachsenen-Leben gestohlen beziehungsweise absichtlich nicht gezahlt zu haben, bei den 26- bis 49-Jährigen sind es 49% und bei den 18- bis 25-Jährigen sogar nur 31%.

«Hier zeigt sich ein markanter Generationen-Unterschied: Offensichtlich gilt Diebstahl bei den Jüngeren als weniger verwerflich als bei der älteren Bevölkerung», so Manz.    

Der Generationen-Unterschied zeigt sich bei allen möglichen Situationen. So sind bereits 48% der jüngsten Altersgruppe der 18- bis 25-Jährigen mindestens einmal schwarzgefahren, bei den 26- bis 49-Jährigen sind es 36% und bei der ältesten Altersgruppe der 50- bis 74-Jährigen nur 26%. 10% der jüngsten Altersgruppe gibt an, bereits oft schwarzgefahren zu sein, bei der mittleren Altersgruppe sind es noch 5%, bei der ältesten nur noch 2%.    

Die jüngste Altersgruppe der 18- bis 25-Jährigen fällt allgemein durch hohe Diebstahlraten auf: 27% haben am Arbeitsplatz bereits im Erwachsenenalter einmal etwas gestohlen, 23% im Restaurant absichtlich nicht bezahlt oder gestohlen, 21% in der Migros, 20% im Hotel, 18% im Coop, 16% an einer Selbstbedienungskasse, 12% am Kiosk und 9% im Kleider-Geschäft.   

Reichere stehlen nicht seltener

Mit zunehmendem Vermögen sinkt die Bereitschaft zum Stehlen – könnte man meinen. Die Umfrage zeigt aber, dass diese Korrelation nicht zutrifft. Bei Restaurant-Besuchen weist zum Beispiel die reiche Gruppe mit einem Vermögen von 300'000 bis 500'000 Franken die höchste Diebstahlquote aus (21% haben schon einmal etwas im Restaurant absichtlich nicht bezahlt).

Bei den Schwarzfahrern führt die Gruppe mit einem Vermögen zwischen 100'000 und 300'000 Franken die Rangliste an (40% sind schon einmal schwarzgefahren), erstaunlicherweise gefolgt von den Millionären (39% sind schon einmal schwarzgefahren). Zum Vergleich: Bei der Gruppe mit einem eher bescheidenen Vermögen zwischen 20'000 und 50'000 Franken sind «nur» 35% bereits einmal schwarzgefahren.

Männer stehlen häufiger als Frauen

Die Umfrage scheint das Klischee zu bestätigen, dass Frauen im Durchschnitt weniger oft stehlen als Männer. Gemäss der Umfrage haben 54% der Frauen noch nie etwas absichtlich gestohlen, bei Männern sind es nur 48%. Die höheren Diebstahlraten bei Männern zeigen sich in fast allen Situationen und Geschäften.

So geben beispielsweise 38% der Männer an, mindestens einmal in ihrem erwachsenen Alter absichtlich schwarzgefahren zu sein – bei Frauen sind es nur 30%. Am Arbeitsplatz haben schon 20% der Männer etwas geklaut, während es bei Frauen nur 16% sind. Ein weiteres Beispiel sind Restaurants, wo bereits 16% der Männer einmal absichtlich nicht bezahlt haben, während es bei den Frauen nur 11% sind.

Unterschiede zwischen Romandie und Deutschschweiz

53% der Befragten in der Romandie geben an, noch nie etwas absichtlich nicht bezahlt zu haben. In der Deutschschweiz sind es hingegen nur 50%, die noch nie einen Diebstahl begangen haben.

Die markantesten Unterschiede gibt es in Hotels (15% der Deutschschweizer haben schon einmal absichtlich nicht bezahlt, bei den Westschweizern sind es nur 9%), am Arbeitsplatz (20% der Deutschschweizer haben schon gestohlen, bei den Romands sind es nur 13%).

Auf dem Land ist man «anständiger» als in der Stadt

55% der Bewohner auf dem Land geben an, noch nie im Erwachsenen-Alter gestohlen zu haben. Bei den Städtern sind es hingegen nur 49%. Während 10% der Landbewohner schon einmal im Restaurant beziehungsweise 9% im Hotel absichtlich nicht gezahlt haben, sind es bei den Stadtbewohnern mit je 15% deutlich mehr. Unterschiede zeigen sich auch beim Lebensmittelhändler: Landbewohner haben in der Migros erst 8%, beim Coop erst 5% einmal etwas absichtlich nicht bezahlt, bei den Städtern sind es 14% (Migros) beziehungsweise 13% (Coop). Auch Schwarzfahren ist bei den Landbewohnern weniger populär als bei Städtern: «Nur» 28% der Befragten sind schon einmal absichtlich schwarzgefahren, bei den Stadtbewohnern sind es 36%.

Schwarzfahren in der Schweiz beliebt

In öffentlichen Verkehrsmitteln zahlt die Schweizer Bevölkerung mit Abstand am häufigsten absichtlich nicht. Ein Drittel (34%) der Befragten geben an, bereits einmal absichtlich als Schwarzfahrer unterwegs gewesen zu sein. Dass Schwarzfahren die Liste anführt, ergibt Sinn: Fallen Ausreden bei verhältnismässig geringen Sanktionen doch wesentlich leichter als bei anderen Formen des Diebstahls.

Rund 10% geben an, einmal im Erwachsenenalter absichtlich schwarz gefahren zu sein, rund 7% zweimal, rund 12% mehr als zweimal und 5% sogar oft. Frauen fahren etwas weniger häufig schwarz als Männer, in der Deutsch- und Westschweiz ist der prozentuale Anteil an Schwarzfahrern hingegen ähnlich hoch.

Diebstahl in Restaurants und Hotels

Hoch sind die Diebstahlraten auch in Restaurants und Hotels. Je 13% der Befragten haben in Restaurants und Hotels nicht bezahlt oder Gegenstände entwendet. In Restaurants haben rund 7% der befragten Personen schon einmal absichtlich nicht bezahlt, 3% schon zweimal, 2% schon mehr als zweimal und 1% sogar oft. In Hotels sehen die Verhältnisse ähnlich aus: 7% der Befragten haben einmal absichtlich nicht gezahlt, 2% zweimal, 3% mehr als zweimal und 1% schon oft.

Diebstahl im Laden

Schweizerinnen und Schweizer haben schon relativ häufig in Retail-Geschäften gestohlen. Mindestens einmal gestohlen haben 12% der Befragten in der Migros (1% sogar oft), 11% im Coop (1% oft), 7% am Kiosk, 6% im Kleider-Geschäft und 5% im Elektro-Geschäft. An Selbstbedienungskassen haben schon 8% der Befragten einmal absichtlich nicht gezahlt, 1% sogar oft. Da noch nicht alle der Befragten bereits eine Selbstbedienungskasse genutzt haben, dürfte die Diebstahlrate von regelmässigen Nutzern von Self-Scanning-Kassen noch höher liegen.

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Experte Benjamin Manz
Benjamin Manz ist Geschäftsführer von moneyland.ch und unabhängiger Experte für Banken- und Finanzthemen.