Seit der Aufhebung des Euro-Franken-Mindestkurses im Jahr 2015 hat sich der Franken gegenüber der europäischen Gemeinschaftswährung kontinuierlich aufgewertet, bis er 2022 die Parität erreichte. Was das für die Schweiz bedeutet und wie Sie als Konsumentin oder Konsument sogar davon profitieren können, erfahren Sie in diesem Artikel des Online-Vergleichsportals moneyland.ch.
Grundsätzlich gilt: Je stärker der Franken, desto stärker die damit verbundenen Auswirkungen. Die Euro-Franken-Parität selbst hat dabei lediglich symbolische Bedeutung: Es handelt sich um eine psychologisch signifikante Grenze, die seit der Aufhebung des Euro-Mindestkurses jahrelang nicht mehr erreicht wurde. Dass der starke Franken diese Schwelle unterschreitet, führt an sich jedoch nicht zu massgeblichen Veränderungen, sondern verstärkt lediglich die bereits bestehenden Effekte.
Einkaufstourismus lohnt sich
Im umliegenden Ausland gibt es teils massive Preisunterschiede zur Schweiz. Dazu kommt die Möglichkeit, im Ausland gezahlte Mehrwertsteuern zurückzufordern. Das sind für viele Schweizerinnen und Schweizer genügend Gründe, dort einkaufen zu gehen – unabhängig davon, ob der Franken gerade stark ist oder nicht. Wenn die Preise in der EU gleich bleiben, der Franken aber stärker wird, lohnt sich dieser Einkaufstourismus dann aber noch mehr. Denn ein Produkt, das bei einem Euro-Franken-Kurs von 1.10 zum Beispiel in Deutschland umgerechnet 11 Franken kostete, kostet bei Euro-Franken-Parität nur noch umgerechnet 10 Franken.
Gemäss eines Berichts des Bundesrats ist die Frankenstärke ein massgeblicher Treiber der Preisdifferenzen zu den umliegenden EU-Ländern. Von 2008 bis 2017 seien sie von 20 auf über 60 Prozent gestiegen. Dabei kommt es aber sehr darauf an, was genau Sie kaufen wollen – nicht alle Produkte sind massiv oder überhaupt billiger im Ausland. So sind beispielsweise bestimmte Kosmetik- und Hygieneprodukte in Deutschland wesentlich günstiger als in der Schweiz. Umgekehrt gibt es viele Elektronikartikel, die in der Schweiz weniger kosten als in vielen EU-Ländern. Ein Preisvergleich ist immer sinnvoll.
Auch Online-Shopping bei europäischen Händlern kann sich lohnen, wenn der Franken stark ist. Allerdings sollten Sie vor dem Einkauf prüfen, welche Liefer- und Zollgebühren anfallen können. Allenfalls sind diese Kosten so hoch, dass Sie insgesamt doch mehr zahlen, als wenn Sie in der Schweiz bestellt hätten.
Für die Schweizer Wirtschaft ist es natürlich von Nachteil, wenn Bewohnerinnen und Bewohner der Schweiz ihr Geld im Ausland ausgeben. Laut Schätzungen entgehen den hiesigen Händlern wegen des Einkaufstourismus jährlich mehrere Milliarden Franken.
Ferien im Ausland sind billiger
Für Ferienreisende ist es erfreulich, wenn sie dank der Frankenstärke prozentuell weniger zahlen müssen. Für eine Ferienreise, die insgesamt 2000 Euro kostet, zahlen Sie bei einem Wechselkurs von 1.10 Franken pro Euro umgerechnet 2200 Franken. Wenn hingegen Euro-Franken-Parität herrscht, sparen Sie alleine wegen des Wechselkurses 200 Franken.
Bei Schweizer Reisebüros sind diese Vorteile oft schwierig nachzuvollziehen, da die Preise in Franken angegeben werden. Zudem müssten Sie die Angebote stetig beobachten, um festzustellen, ob es eine Preisänderung gab. Da Sie somit nicht sicher sein können, ob Sie effektiv von der Frankenstärke profitieren, ist es darum sinnvoll, auf Websites oder direkt bei Hotels zu buchen, wo Sie in Euro zahlen. Auf moneyland.ch finden Sie weitere Spartipps zur Hotelbuchung.
Schweizer Tourismus verliert Kundschaft
Der starke Franken macht es günstiger für Schweizerinnen und Schweizer, ins Ausland zu reisen – dafür wird aber auch die Schweiz weniger erschwinglich für Ausländerinnen und Ausländer. Je stärker der Schweizer Franken gegenüber dem Euro ist, desto teurer werden Ferien in der Schweiz für Personen aus EU-Ländern. Diese wirtschaftliche Belastung lässt sich mit derjenigen in der exportorientierten Industrie (siehe unten) vergleichen. Speziell am heimischen Tourismus ist allerdings, dass diese Dienstleistungen nicht ins Ausland ausgelagert werden können und sie auch kaum von niedrigeren Import-Kosten profitieren. Die Frankenstärke hat für die an den Standort Schweiz gebundene Tourismus-Industrie also praktisch nur Nachteile.
Eine Studie des Graduate Institute Geneva zeigt, dass insbesondere deutsche, niederländische und belgische Besucherinnen und Besucher wesentlich weniger oft in der Schweiz übernachten, wenn der Franken gegenüber dem Euro stark ist. Insgesamt führe eine Aufwertung des Frankens von 10 Prozent zu 10 Prozent weniger Hotelübernachtungen aus Europa. Immerhin: Geschäftsreisen werden eher selten abgesagt, bloss weil der Franken gerade stark ist. Darum kann sich der städtische Tourismus in der Regel etwas besser halten.
Als Schweizer Touristin oder Tourist müssen Sie aber trotz des starken Frankens nicht mehr für Hotels oder Skipässe in der Schweiz zahlen – ausser natürlich es gibt eine Preiserhöhung.
Exportbranche leidet
Für Schweizer Exportfirmen ist der starke Franken ein Problem. Denn je niedriger der Euro-Franken-Kurs ist, desto weniger Geld erhalten sie für ihre Waren. Beispiel: Ein Schweizer Maschinenbauer verkauft seine Maschinen nach Frankreich. Der Kunde zahlt ihm pro Maschine 100’000 Euro. Bei einem Euro-Franken-Kurs von 1.10 erhält der Maschinenbauer pro verkaufte Maschine 110’000 Franken. Ein Jahr später erstarkt der Franken und der Kurs fällt auf das Paritäts-Niveau von 1.00. Bleibt der Preis der Maschine in der Fremdwährung gleich, erhält der Maschinenbauer nun nur noch 100’000 Franken dafür – also 10’000 Franken weniger als vor einem Jahr.
Um solche Verluste zu vermeiden, sehen sich manche Schweizer Exporteure gezwungen, die Preise in der Fremdwährung zu erhöhen. Dies wiederum führt dazu, dass sich die ausländischen Kunden die Produkte weniger leisten können. Schlimmstenfalls verlieren Schweizer Hersteller dadurch Kundschaft.
Die Schweiz exportiert jährlich Waren im Wert von über 300 Milliarden Franken. Davon landet fast die Hälfte in der EU. Der Euro-Franken-Kurs spielt also eine zentrale Rolle für die Schweizer Exportindustrie. Zu den grössten Exportbranchen gehören in der Schweiz Hersteller von Chemie- und Pharmaprodukten, Maschinen sowie Uhren.
Importe lohnen sich mehr
Für Importfirmen ist ein starker Franken natürlich erfreulich: Sie profitieren in gleichem Masse, wie die Exporteure unter der Euro-Franken-Parität leiden. Die Schweiz importiert jährlich Güter im Wert von ebenfalls fast 300 Milliarden Franken. Mehr als die Hälfte davon kommt aus Europa.
Leider heisst das aber nicht unbedingt, dass Sie sich als Schweizer Konsumentin oder Konsument über günstigere Importprodukte freuen können. Importeure sind nicht verpflichtet, ihren Endkunden die kursbedingten Gewinne weiterzugeben – und viele von ihnen tun das auch kaum oder gar nicht.
Investieren im Ausland wird billiger
Ein starker Franken bedeutet für Schweizer Anlegerinnen und Anleger, dass die Investition in ausländische Vermögenswerte günstiger wird. Hier gilt analog zu den Konsumentenpreisen: Sie zahlen umgerechnet weniger, je stärker der Franken ist. Angenommen, Sie kaufen eine Aktie, die derzeit 100 Euro kostet, so zahlen Sie bei einem Kurs von 1.10 Franken pro Euro umgerechnet 110 Franken. Ist der Kurs stattdessen 1.00 Franken pro Euro, zahlen Sie für die gleiche Aktie umgerechnet 100 Franken, obwohl sich deren Preis nicht verändert hat.
Aber Achtung: Wenn sich der Franken nach dem Kauf weiter aufwertet, ist Ihre europäische Aktie in Franken weniger wert. Sie verzeichnen aufgrund der Fremdwährung also einen Buchverlust. Wenn sich der Preis der Aktie nicht oder kaum verändert, müsste sich der Franken also zuerst wieder abwerten, bevor Sie vom günstigen Kaufpreis profitieren können.
Wenn Sie bereits europäische Aktien besitzen und diese verkaufen wollen, ist es aus dem gleichen Grund ungünstig, wenn der Franken derzeit stark ist. Je nachdem kann es sich lohnen, mit einem Verkauf zu warten, bis sich der Franken wieder abwertet.
Im Broker-Vergleich von moneyland.ch sehen Sie, welche Schweizer Anbieter an welchen europäischen Börsenplätzen für Sie Aufträge ausführen können.
Inflation
Wenn die Inflation in der Eurozone wesentlich stärker steigt als in der Schweiz, kann das die Effekte des starken Frankens dämpfen oder sogar wieder wettmachen. Denn die Kaufkraft des Frankens ist zwar höher als die des Euros, aber die Produkte in den entsprechenden Ländern wurden teurer, sodass Sie trotzdem einen höheren Frankenbetrag ausgeben müssen, um sie zu kaufen. Wenn Sie aufgrund des schwachen Euros beispielsweise vorhaben, im Ausland Ferien zu machen, sollten Sie also unbedingt auf die Inflationsrate im Zielland achten. Denn ein starker Franken bringt Ihnen keinen Vorteil, wenn Sie ihn in einem Land ausgeben, wo die Preise viel stärker steigen als in der Schweiz.
Weitere Informationen:
Online-Trading vergleichen
Günstiger Ferien buchen