Moneyland-Redaktion: Schweizer gelten als konservativ, wechselresistent und risikoscheu. Welche Schweizer Nutzer möchten Sie mit Wikifolio ansprechen?
Andreas Kern: Im Prinzip kann jeder mitmachen. Die Einstiegsbarrieren sind gering, Wikifolio-Zertifikate sind ab etwa 100 Euro erhältlich. Die hohe Transparenz sowie Ranglisten, welche Faktoren wie Rendite, Risiko aber auch das Verhalten der Community berücksichtigen, ermöglichen es, die besten Trader für das eigene Depot zu finden. Wer seine eigene Handelsstrategie als Wikifolio umsetzen möchte, kann bei uns ein Wikifolio eröffnen und dann transaktionskostenfrei traden.
Wie diverse Studien gezeigt haben, sagt der vergangene Anlageerfolg nichts statistisch Relevantes über die zukünftige Performance eines Traders aus. Beruht Ihr Modell auf dem Prinzip Hoffnung?
Wir haben 2014 die Performance der Wikifolio-Zertifikate von allen deutschen Tradern untersucht und mit dem DAX – der relevanten Benchmark – verglichen. Da kam heraus, dass insgesamt 51% vor der Benchmark lagen, was im Vergleich zu Fonds mit 38% schon beachtlich ist. Greift man einzelne Gruppen wie zum Beispiel grössere Wikifolio-Zertifikate oder Vermögensverwalter heraus, so ist das Ergebnis nochmals deutlich besser. Betrachtet man das Risiko anhand der Standardabweichung, so liegen 67% besser als die Benchmark.
Natürlich können auch wir keine ewige Outperformance garantieren. Es ist aber offensichtlich gelungen, durch unsere Transparenz viele sehr gute Trader zu finden und nach vorne zu bringen.
Was kosten Wikifolios für Follower?
Wenn Anleger in ein Wikifolio-Zertifikat investieren, fallen eine Zertifikatsgebühr und eine Performancegebühr an. Genau gesagt sind das eine jährliche Zertifikatsgebühr von 0,95 Prozent und eine Performancegebühr zwischen fünf und 30 Prozent der Performance.
Beide Gebührenelemente sind jedoch bereits im Wikifolio-Zertifikatskurs berücksichtigt. Man erhält also exakt die Rendite, die für das jeweilige Wikifolio angezeigt wird, ohne versteckte Kosten oder nachträgliche Abzüge.
Wikifolios sind teurer als durchschnittliche ETF. Wo liegt Ihrer Meinung nach der Mehrwert gegenüber passiv gemanagten Indexfonds?
Ein ETF ist ein sehr statisches Produkt, das beispielsweise nur einen Marktindex nachbildet, während in Wikifolios oft auch sehr aktiv gehandelt wird, um kurzfristig Chancen zu nutzen oder Risiken zu beschränken.
Die beiden Produkte können aber auch komplementär sein. Zum Beispiel könnte man mit ETF kostengünstig und streuend in unterschiedliche Länder und Branchen investieren und mit Wikifolio-Zertifikaten eine aktive Komponente beimischen.
Welche Vorteile sehen Sie gegenüber klassischen Anlagefonds und Vermögensverwaltern?
Auch Vermögensverwalter publizieren ihre Strategien auf wikifolio.com. Sie sehen wikifolio.com als Instrument, um eigene Strategien transparent darzustellen und neue Zielgruppen zu erreichen. Wikifolio bietet hierfür einen eigenen Bereich, in dem die Handelsstrategie, Kennzahlen und jeder einzelne Trade in Echtzeit nachvollziehbar sind.
Mit klassischen Anlagefonds sind Wikifolios kaum vergleichbar: Wikifolios werden aktiv gemanagt. Grosse Anlagefonds sind meist ähnlich passiv wie ETF, ohne jedoch deren günstige Gebührenstruktur zu haben.
Wer darf sich als Wikifolio-Trader registrieren?
Wir sind eine offene Plattform. Wer seine eigene Handelsstrategie als Wikifolio umsetzen möchte, kann bei uns ein Wikifolio eröffnen und dann transaktionskostenfrei traden.
Damit das Wikifolio allerdings investierbar, also die Basis für ein Wikifolio-Indexzertifikat wird, müssen aber schon einige Kriterien erfüllt werden. Zum einen gibt es eine redaktionelle Prüfung. Zum anderen muss ein Wikifolio Anklang in der Community finden, das heisst mindestens zehn potenzielle Anleger haben, die gemeinsam mindestens 2’500 Euro investieren würden.
Wie verdienen Wikifolio-Trader Geld?
Abhängig von der im Wikifolio erwirtschafteten Performance erhält der Trader eine Erfolgsprämie. Diese kann je nach Anlagevolumen in dem betreffenden Wikifolio-Zertifikat bis zu 50 Prozent betragen. Je besser die Performance im Wikifolio ist und je mehr Anleger in das zugehörige Wikifolio-Zertifikat investieren, desto höher ist die an den Trader ausbezahlte Prämie.
Stichwort Geschäftsmodell: Wie verdient Wikifolio Geld? Erhalten Sie auch Entschädigungen von kooperierenden Banken?
Wir verdienen einerseits an der Zertifikatsgebühr in der Höhe von 0,95 Prozent im Jahr. Andererseits gibt es eine Performancegebühr, deren Höhe der Trader vorschlägt und mit dem Trader geteilt wird.
Wir sehen, dass wikifolio.com insgesamt viele Anleger begeistert und damit auch das Geschäft unserer Kooperationspartner wie Medien oder Bank angekurbelt wird.
Beispielsweise waren wir 2014 im Segment Indexprodukte der EUWAX der Anbieter mit den meisten Kundenorders. Das freut auch die Börse Stuttgart als Betreiberin der EUWAX.
Unser Geschäftsmodell wird von Zertifikats- und Performance-Gebühr getragen. Je nach Art der Kooperation kann es aber auch schon mal sein, dass zum Beispiel IT-Aufwände verrechnet werden.
Wie unterscheiden Sie sich von Konkurrenten wie Ayondo, eToro oder Zulutrade?
Der wesentliche Unterschied ist der Handel über eine geregelte Börse. Dies erhöht das Vertrauen in das System deutlich und verbessert den Zugang, da kein spezielles Konto eröffnet werden muss. Im Grunde kann jedes vorhandene Aktien-Depot verwendet werden.
Darüber hinaus haben wir mit mehr als 60’000 handelbaren Werten die grösste Auswahl. Last but not least werden Transaktionen in einem Wikifolio zu Preisen des Referenzmarkts ohne weitere Handels- oder Börsengebühren abgewickelt. Dies kann nach meinem Kenntnisstand kein weiterer Marktteilnehmer in Europa bieten.
Wikifolios werden als Zertifikate verbrieft. Wo können diese in der Schweiz gehandelt werden?
Wikifolio-Zertifikate können bei Banken und Online-Brokern über die Börse Stuttgart oder im Direkthandel bei Lang & Schwarz gehandelt werden.
Stichwort Emittenten-Risiko: Mit welcher Bank arbeiten Sie für Schweizer Kunden zusammen?
Emittentin der Wikifolio-Zertifikate ist Lang und Schwarz aus Düsseldorf, die aber auch eine Zweigniederlassung in Zürich betreibt.
Stichwort Buffett-Effekt: Wenn Wikifolio weiter stark wächst, könnten Wertschriften in Zukunft nur schon dadurch Kursgewinne verzeichnen, dass die erfolgreichsten Wikifolio-Trader mit den meisten Followern diese ins Portfolio nehmen. Wie begegnen Sie dem damit verbundenen Insiderhandel-Risiko?
Wir fokussieren uns hauptsächlich auf liquide Aktien. Wenn es im Vergleich zur aktuellen Markttiefe grosse Trades gibt, stehen uns eine Reihe von Mechanismen zur Verfügung, die eine bestmögliche Ausführung gewährleisten.
Bezüglich illegaler Aktivitäten wie beispielsweise Front-Running oder Markt-Manipulation entsteht durch wikifolio.com kein neues Problem. Dasselbe Problem besteht auch bei Börse-Briefen, Communities oder Musterdepots.
Wikifolio minimiert diese Gefahr: Wenn jemand manipulative Pläne hat, wird er nicht eine Plattform wählen, wo der Nutzer mit Ausweis legitimiert wird und alle grossen Trades binnen 40 Sekunden manuell gesichtet werden. Auch Insider werden sicher davon Abstand nehmen, ihr Verbrechen auf der transparentesten Plattform mit ihrem Klarnamen zu veröffentlichen.
Wo steht Wikifolio in fünf Jahren?
Wir haben einen sehr erfolgreichen Start mit einem funktionierenden Geschäftsmodell hingelegt und wollen diesen Weg konsequent weiterverfolgen. wikifolio.com soll als Marke für transparente Anlagestrategien in vielen Märkten in Europa und darüber hinaus bekannt sein und eine zunehmend grössere Zielgruppe für den Kapitalmarkt begeistern. Neben massiven Investitionen in die technische Plattform werden wir dazu natürlich auch in die Marke investieren.
Moneyland-Redaktion, 2. Juni 2015
Weiterführende Informationen:
Wikifolios bei Schweizer Brokern traden: Zum Vergleich der günstigsten Trading-Plattformen