Der Begriff «Zertifikat» bezeichnet an der Börse eine Sorte von mehr oder weniger komplexen Derivaten. Es handelt sich dabei um sogenannte Partizipationsprodukte. Das bedeutet, dass Sie mit einem Zertifikat nicht direkt in Basiswerte investieren, aber trotzdem an deren Entwicklung teilhaben können.
Auf dem Finanzmarkt werden eine Reihe von unterschiedlichen Zertifikaten angeboten. Dazu gehören unter anderem die folgenden Derivate:
- Tracker-Zertifikat: Tracker verfolgen die Kursentwicklung eines Basiswerts direkt. Mit einem Tracker-Zertifikat können Sie beispielsweise an der Kursentwicklung einer oder mehrerer Aktien teilhaben. Auch Indexzertifikate und Bear-Tracker-Zertifikate gehören in diese Kategorie. Tracker-Zertifikate sind die gängigste Art von Zertifikaten.
- Bonus-Zertifikat: Bei Bonus-Zertifikaten wird eine obere und untere Kursgrenze (Bonuslevel und Sicherheitsschwelle) sowie eine Laufzeit festgelegt. Wenn der Basiswert sich nie über eine der beiden Kursgrenzen bewegt, erhalten Investorinnen und Investoren am Ende das Bonuslevel ausgezahlt. Beispiel: Sie kaufen ein Bonus-Zertifikat auf eine Aktie. Der aktuelle Kurs beträgt 100 Franken. Das Bonuslevel beträgt 120 Franken, die Sicherheitsschwelle liegt bei 80 Franken. Während der Laufzeit von zwei Jahren bewegt sich der Kurs der Aktie zwischen 90 und 110 Franken. Sie erhalten bei der Fälligkeit des Zertifikats das Bonuslevel von 120 Franken ausgezahlt.
- Outperformance-Zertifikat: Wenn Sie ein Outperformance-Zertifikat besitzen, können Sie überproportional profitieren, wenn der Basiswert des Zertifikats einen vorab bestimmten Basispreis überschreitet. Dazu wird eine sogenannte Partizipationsrate festgelegt. Beispiel: Sie kaufen ein Outperformance-Zertifikat auf eine Aktie mit einem Basispreis von 100 Franken und einer Partizipationsrate von 150 Prozent. Das heisst, Sie profitieren von Kursgewinnen über 100 Franken nicht wie normalerweise zu 100 Prozent, sondern zu 150 Prozent. Wenn der Preis der Aktie auf 110 Franken steigt, steigt also der Wert Ihres Zertifikats auf 115 Franken.
- Discount-Zertifikat: Discount-Zertifikate sind zeitlich begrenzte Zertifikate, die Sie mit einem Preisabschlag (Discount) auf den aktuellen Preis des Basiswerts kaufen. Dafür ist der Betrag, den Sie am Ende der Laufzeit erhalten können, nach oben begrenzt. Diese Obergrenze wird auch Cap genannt. Sie zahlen also weniger für das Zertifikat, als Sie für den Basiswert zahlen würden – machen aber unter Umständen auch weniger Gewinn. Je grösser der Preisabschlag, umso niedriger der Cap.
- Express-Zertifikat: Bei Express-Zertifikaten wird während einer beschränkten Laufzeit (zum Beispiel drei Jahre) an einem jährlichen Stichtag geprüft, ob der Basiswert einen bestimmten Preis überschritten hat. Ist das der Fall, wird das Zertifikat vorzeitig fällig und Sie erhalten den Basiswert mit einer zusätzlichen Rendite ausgezahlt. Die Rendite ist proportional zur Anzahl der verstrichenen Jahre. Läuft das Zertifikat jedoch aus, ohne dass die Preisschwelle an einem der Stichtage überschritten war, erhalten Sie normalerweise den ursprünglichen Ausgabepreis zurück.
In vielen Fällen verzichten Sie beim Kauf von Zertifikaten auf mögliche Dividendenzahlungen des Basiswerts. In der Regel wird das Finanzprodukt auf diese Weise finanziert. Beispiel: Sie kaufen ein von Ihrer Bank emittiertes Bonus-Zertifikat auf eine Aktie, die jährliche Dividenden zahlt. Während der Laufzeit des Zertifikats hält die Bank die zugrundeliegende Aktie und kassiert die Dividendenzahlungen. Am Ende der Laufzeit zahlt Ihnen die Bank das festgelegte Bonuslevel, obwohl der Aktienkurs niedriger (aber nicht unter der Sicherheitsschwelle) liegt.
Je nach Art des Zertifikats, den konkreten Bedingungen und der Fälligkeit des Produkts kann es sein, dass Sie am Ende der Laufzeit nicht einen Geldbetrag ausbezahlt bekommen. Stattdessen wird der zugrundeliegende Basiswert auf Ihr Depot übertragen. Das ist zum Beispiel oft bei Discount-Zertifikaten auf Aktien der Fall, deren Preis unter dem vorab festgelegten Höchstbetrag liegt.
Da es sich bei Zertifikaten um komplexe finanzielle Derivate handelt, sollten Sie mit der Funktionsweise sowie den konkreten Bedingungen und Eigenschaften gut vertraut sein, bevor Sie ein solches kaufen. Besonders wichtig ist auch die Einschätzung Ihrer Risikofähigkeit und die Kenntnis von mit Zertifikaten verbundenen Risiken.
Zertifikate sind Inhaber-Schuldverschreibungen, Sie tragen also ein Emittenten-Risiko. Falls der Emittent eines Zertifikats (zum Beispiel Ihre Bank) insolvent werden sollte, würden dem Zertifikat zugrundeliegende Vermögenswerte (zum Beispiel Aktien) Teil der Konkursmasse. Anders wäre es bei Anlagefonds: Sie gehören zum Sondervermögen. Anlegerinnen und Anleger sind vor einer allfälligen Zahlungsunfähigkeit des Emittenten geschützt.