Deflation klingt für Konsumenten eigentlich nach einer guten Nachricht: Die Preise fallen, die Kaufkraft des Geldes wächst. Allerdings bringt eine markante Deflation in der Regel auch eine Rezession mit sich, und es wird schwieriger, ein Vermögen aufzubauen.
Bedeutet das, dass Sie Ihr ganzes Geld unter die Matratze stecken sollten? In diesem Ratgeber-Artikel von moneyland.ch erfahren Sie, welche Anlagemethoden in Deflationszeiten rentabel sind und welche nicht.
Deflation in der Schweiz
In der Schweiz sind die Konsumentenpreise in den vergangenen 20 Jahren meist gestiegen. Von 2012 bis 2016 fielen sie allerdings über einen längeren Zeitraum. Die Deflationsrate betrug jedoch nie mehr als 1.3 Prozent pro Jahr und lag meist noch wesentlich tiefer. Anhaltende, jahrelange Deflationszeiten mit teils über 7 Prozent pro Jahr hat die Schweiz seit den 30er-Jahren nicht mehr erlebt.
Sparen
In Zeiten von tiefen Zinsen ist es für Schweizerinnen und Schweizer fast unvorstellbar, dass es sich lohnen könnte, das Geld auf dem Sparkonto zu parkieren. Die Realität ist aber: Wenn das Preisniveau fällt, kann der Wert Ihres Geldes so stark zunehmen, dass sogar Negativzinsen ausgeglichen werden.
Beispiel: Sie lassen 100’000 Franken für fünf Jahre auf dem Sparkonto und nehmen dabei einen Negativzins von 0.75 Prozent pro Jahr in Kauf. Nominal sinkt Ihr Vermögen in dieser Periode um 3700 auf 96’300 Franken. Bei einer durchschnittlichen Deflationsrate von 2 Prozent pro Jahr steigt allerdings die Kaufkraft im gleichen Zeitraum um über zehn Prozent, sodass Sie trotz Negativzinsen einen Realgewinn von rund 6500 Franken verzeichnen können.
Natürlich wäre diese Rendite noch höher, wenn Sie das Geld bei der Bank zum Nullzins oder zu einem positiven Zinssatz deponieren können. Im Sparkonto-Vergleich von moneyland.ch sehen Sie, welche Konten sich lohnen.
Falls Sie Ihr Vermögen nur auf Konten mit Negativzinsen einzahlen könnten, lohnt es sich aus reiner Ertragssicht mehr, das Geld zu Hause statt auf dem Sparkonto aufzubewahren. In diesem Fall tragen Sie allerdings das Verlustrisiko (beispielsweise durch Diebstahl oder Brand) selbst, sofern Ihre Hausratversicherung den entsprechenden Betrag nicht deckt. In der Regel decken Versicherungen nur einige Tausend Franken Bargeld bei Diebstahl.
Obligationen
Anleihen gelten als Absicherung gegen Deflation. Eine Studie der Credit Suisse zu den Renditen verschiedener Anlageklassen über rund 100 Jahre hat bestätigt: In vergangenen Jahren mit einer Deflation von 3.5 Prozent oder mehr lieferten Obligationen eine Real-Rendite von rund 20 Prozent. Damit sind sie eine der rentabelsten Anlagemöglichkeiten bei Deflation. Selbst Bargeld wirft gemäss der Studie lediglich knapp 15 Prozent Gewinn ab. Dieser Wert ist wesentlich höher als 3.5 Prozent, weil auch Länder berücksichtigt wurden, in denen die Deflationsrate teils bis zu 26 Prozent pro Jahr betrug.
Die Obligation ist ein Schuldschein – und Gläubiger zu sein, lohnt sich bei Deflation besonders, weil jede Geldschuld noch grösser wird. Da Obligationen fest verzinst sind, erhalten Sie Zinszahlungen, obwohl deren Wert real gestiegen ist. Auch bei der Rückzahlung am Ende der Laufzeit erhalten Sie den Nennwert der Anleihe, der bei Deflation ebenfalls höher ist als zum Ausgabezeitpunkt.
In einer Rezession ist allerdings Vorsicht bei der Wahl der Obligationen angesagt. Sollte der Herausgeber eines Schuldscheins plötzlich zahlungsunfähig werden, wird die Anleihe wertlos. Die Deflation erhöht in der Regel die Gefahr, dass Unternehmen wegen wirtschaftlicher Probleme zahlungsunfähig werden. Um Ihr Risiko zu reduzieren, sollten Sie allenfalls Obligationen von sehr gut bewerteten Firmen oder von Staaten bevorzugen.
Schulden vermeiden
Während einer Deflation können Obligationen für Sie lukrativ sein, weil Sie mit ihnen zum Gläubiger werden. Aus dem gleichen Grund ist es während einer Deflationsphase besonders nachteilig, Schuldner zu sein. Sollten Sie verschuldet sein, ist es in einer solchen Situation noch wichtiger als sonst, Schulden so schnell wie möglich zu tilgen. Neue Schulden aufzunehmen, ist ebenfalls nicht empfehlenswert.
In den Schweizer Deflationsphasen der vergangenen Jahre fiel die Aufwertung des Geldes aber weniger stark aus, und die Renditen von Schweizer Obligationen liegen entsprechend tiefer: Von Anfang 2014 bis Ende 2015 kam der Swiss Bond Index (Domestic AAA-BBB) auf eine reale Rendite von 10.5 Prozent. Die Deflationsrate in der Schweiz lag in diesem Zeitraum bei 0.82 Prozent pro Jahr. Somit lohnten sich auch Schweizer Obligationen viel mehr als das reine Sparen.
Bei leichter Deflation können aber Aktien in der Regel einen höheren Ertrag erzielen als Obligationen: Im Zeitraum von 2014 bis 2015 kamen Schweizer Aktien auf eine reale Rendite von knapp 18 Prozent, wie der Rendite-Rechner von moneyland.ch zeigt.
Aktien
Auch der Handel mit Aktien kann in deflationären Zeiten lukrativ sein. Die realen Aktienrenditen lagen in Jahren mit einer Deflation von 3.5 bis 26 Prozent im Durchschnitt bei rund 11 Prozent pro Jahr. Das ist zwar wesentlich weniger als die 20 Prozent bei Anleihen – aber immer noch ein stattlicher Gewinn. Allerdings rentiert Bargeld laut der CS-Studie bei starker Deflation mit knapp 15 Prozent noch mehr.
Aktienkurse tendieren bei Deflation zwar nominal nach unten, sie reagieren aber grundsätzlich weniger stark auf die Entwicklung des Preisniveaus als Obligationen. Darum können Sie mit Aktien zwar nicht so hohe Realgewinne erzielen wie mit Anleihen und Bargeld. Dafür können Sie sich damit besser absichern, sollte die Entwicklung umkehren und eine Inflation einsetzen. Denn dann schrumpft die Rendite von Obligationen rasant, während bei Aktien auch bei mittlerer bis hoher Inflation Gewinne drinliegen.
Vorsicht: Wenn die Deflation eine Rezession verursacht, kann das negative wirtschaftliche Auswirkungen für viele Firmen und ganze Branchen haben. Besonders fatal wäre es natürlich, Aktien eines Unternehmens zu kaufen, das wegen einer Krise Konkurs anmelden muss. Besonders Firmen, die bereits zu Beginn der Deflation stark verschuldet sind, dürften es schwierig haben.
In der Vergangenheit haben sich Firmen bewährt, die auch in Konsumkrisen noch Umsatz generieren können. Das sind etwa etablierte Konzerne, die Konsumgüter wie beispielsweise Lebensmittel herstellen. Diese Güter finden in der Regel auch dann noch Absatz, wenn die Nachfrage ansonsten generell sinkt: Konsumentinnen und Konsumenten warten bei Deflation eher damit, ein neues Auto zu kaufen, aber auf das Essen können sie nicht vollständig verzichten.
Während einer Deflation gilt: «Cash is King» (englisch für «nur Bares ist Wahres»). Darum kann es sinnvoll sein, auf Aktien zu setzen, die eine hohe Dividende auszahlen. Denn das Geld, das Sie als Ausschüttung erhalten, nimmt womöglich schneller an Wert zu als Ihr Portfolio.
Edelmetalle und andere Rohstoffe
Edelmetalle sind klassische Sachwerte, die auch als Schutz gegen Inflation gekauft werden. Wenn die Wertentwicklung des Gelds allerdings in die andere Richtung geht, ist Vorsicht angebracht.
Die Preise vieler Metalle wie Silber und Kupfer, die auch industriell verwendet werden, können stark fallen, wenn die Deflation eine wirtschaftliche Rezession verursacht. Die Metalle lohnen sich dann auch für Anleger weniger – das gilt ebenfalls für viele andere Rohstoffe, die für die Herstellung von Konsumgütern benötigt werden.
Gold ist, wie so oft, ein Spezialfall. Das Edelmetall warf laut der Studie in der Vergangenheit auch bei einer jährlichen Deflation von mehr als 3.5 Prozent eine reale Rendite ab. Sie lag im Schnitt bei rund 12 Prozent pro Deflationsjahr. Damit ist die Realrendite von Gold während einer Deflation leicht besser als diejenige von Aktien. Wenn Sie in Gold investieren möchten, sollten Sie diese Tipps berücksichtigen.
Immobilien
Für Besitzerinnen und Besitzer von Immobilien gilt die Deflation als heimtückisch: Immobilien sind ein klassischer Sachwert, deren Preis in einer anhaltenden Deflationsphase mit dem Geldwert sinken kann. Der reale Wert bleibt zwar in der Regel bestehen. Wenn Sie allerdings eine Festhypothek haben, kann das für Sie nachteilig sein: Sie zahlen plötzlich real höhere Zinsen für die gleiche Immobilie.
Wenn Sie mit einer hohen Deflation rechnen, ist bei Hypotheken Vorsicht angebracht. Sollte Ihr Lohn wegen der Geldaufwertung nach unten angepasst werden, wird es schwieriger, die gleichbleibenden Hypotheken-Zinsen zu bezahlen.
Immerhin: Wenn eine Deflationsphase nur wenige Jahre dauert, können sich Immobilienpreise meist noch eine Weile halten und brechen bestenfalls überhaupt nicht ein. Beim Verkauf einer Immobilie können Sie darum in deflationären Zeiten unter Umständen sogar einen Gewinn erzielen – allerdings kann es in solchen Phasen schwierig sein, Käufer zu finden.
Unabhängig von der Deflation beeinflusst aber auch die Nachfrage den Preis einer Immobilie. Je nach Art und Lage eines Objekts ist ein Wertverlust also nicht ausgeschlossen.
Sind Sie Vermieter, haben Sie in einer Deflationsphase bei gleichbleibenden Nominalmieten real eine höhere Rendite. Wenn Sie hingegen die Mieten nach unten korrigieren müssen, kommt die Deflation Ihren Mietern zugute. Allerdings bleibt die Realrendite des Mietobjekts in diesem Fall in der Regel gleich. Sie machen also wegen der tieferen Mieten nicht unbedingt einen Verlust.
Kryptowährungen
Viele Kryptowährungen, darunter auch der Bitcoin, können nur bis zu einer definierten Maximalmenge hergestellt werden. Mit Bitcoin können Sie sich zumindest theoretisch gegen negative Effekte der Inflation absichern. Allerdings profitieren Sie andererseits auch nicht davon, dass die Deflation den Wert des Gelds nach oben treibt. Darum dürften Kryptowährungen in deflationären Phasen für Anleger weniger interessant sein als Fiatgeld.
Wie sich Kryptowährungen während eine Deflation wirklich entwickeln, ist allerdings noch unklar, da für die junge Anlageklasse noch kaum historische Vergleichsdaten vorliegen. Kryptowährungen wird nachgesagt, dass sie künftig eine ähnliche Rolle wie Gold spielen könnten. Da sich die Realrendite von Gold bei Deflation durchaus sehen lassen kann, könnten demnach auch die Digitalwährungen bei negativer Teuerung lukrativ sein.
Die Volatilität prominenter Währungen wie Bitcoin könnte hingegen von Nachteil sein: Wenn die Deflation eine Rezession mit sich bringt, könnte das Grossinvestoren dazu veranlassen, riskante Anlagen zu meiden. Hat sich der Bitcoin bis dann nicht stabilisiert, bricht der Kurs der Kryptowährung womöglich zusammen.
Exotische Sachwerte
Bei exotischen Sachwerten wie Kunst, Schmuck, Uhren und Oldtimer ist zu erwarten, dass deren Preis sinkt, wenn die Deflation steigt. Im Gegensatz zu herkömmlichen Anlagen fehlt allerdings meist ein klarer Preisindex – Sie können also den Wert des Objekts nicht kontinuierlich verfolgen und prüfen, welchen Einfluss die Deflation wirklich hat.
Finanzexperten raten Anlegern meistens, nur in exotische Sachwerte zu investieren, für die sie eine Affinität haben. Idealerweise kennen Sie sich in diesem Fall bereits etwas mit dem Markt aus und verstehen, welchen Wert eine Anlage hat und wie er sich entwickeln könnte.
Da der Markt für exotische Sachwerte viel weniger liquid ist als etwa der Aktienmarkt, kann es für Sie schwierig werden, an Geld zu kommen. Wenn Sie plötzlich verkaufen müssen, bringen Ihnen Anlagen, für die Sie nicht sofort einen Käufer finden, wenig. Schlimmstenfalls müssen Sie sich mit einem niedrigen Preis begnügen. Unabhängig von der Preisentwicklung sollten Sie daher nicht Ihr ganzes Geld in Kunst oder eine Oldtimer-Sammlung investieren.
Weitere Informationen:
Deflationsrechner
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