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Was ist eigentlich ein Ponzi-System?

5. Januar 2024 - Raphael Knecht

Ob das System von Charles Ponzi, Bernie Madoff oder Damara Bertges: In diesem Artikel von moneyland.ch erfahren Sie alles, was Sie über die Betrugsmasche wissen müssen.

Was ist ein Ponzi-System? Warum wird es so genannt? Und sind solche Systeme in der Schweiz verboten? moneyland.ch liefert die Antworten.

Was ist ein Ponzi-System?

Ein Ponzi-System (englisch: «Ponzi scheme») ist eine Betrugsmasche. Betrügerinnen oder Betrüger überzeugen ihre Opfer, ihnen Geld für Investitionen anzuvertrauen. In der Regel werden den Opfern hohe Renditen und niedrige Risiken versprochen. In Wirklichkeit erwirtschaften die Betrüger allerdings gar keine oder nicht genügend grosse Gewinne, um eine solche Rendite zu ermöglichen. Teil des Systems ist es in der Regel, dass Opfer ihr Geld inklusive Gewinne vorzu reinvestieren, sodass die Betrügerinnen und Betrüger lange Zeit frei über die investierten Beträge verfügen können.

Wenn Investoren dann ihre Gewinne ausgezahlt haben wollen, verwenden die Betrügerinnen und Betrüger das Geld von anderen Investoren, um die bestehende Forderung zu erfüllen. Das Ponzi-System funktioniert, solange genügend Neukunden ihr Geld investieren, um allfällige Auszahlungen an bestehende Kunden zu finanzieren. Verlangen hingegen zu viele Investorinnen und Investoren ihr Geld (und die versprochenen Gewinne) zurück, kollabiert das System.

Die Betrugsmasche wird besonders im Englischen auch als «robbing Peter to pay Paul» (englisch «Peter ausrauben, um Paul zu bezahlen») beschrieben.

Warum heisst es «Ponzi»-System?

Das Ponzi-System ist nach dem Betrüger Charles Ponzi benannt. Ponzi hat diese Art von Betrug zwar nicht erfunden, wurde aber im Jahr 1920 für diese Masche bekannt.

Wer war Charles Ponzi?

Charles Ponzi, ursprünglich Carlo Ponzi, war ein italienischer Betrüger, der 1919 und 1920 in den USA mit dem namensgebenden Ponzi-System Millionen von Dollar stahl. Er gaukelte seinen Kundinnen und Kunden vor, mit Investment-Geldern ein Arbitrage-Geschäft zu betreiben: Er wollte in Europa sogenannte Antwortscheine des Weltpostvereins kaufen, die in den USA wesentlich teurer waren. Durch den Verkauf dieser Antwortscheine in Boston sollte dann eine Rendite erzielt werden.

Ponzi gab sogenannte Ponzi-Noten aus und versprach Käuferinnen und Käufern, dass sich ihr Geld innert 90 Tage verdoppeln werde. Das Angebot war wesentlich attraktiver als die wenigen Prozent pro Jahr bei den herkömmlichen Banken. Entsprechend gross war die Nachfrage und innert kurzer Zeit begann Ponzi, landesweit Büros zu eröffnen, um neue Kundinnen und Kunden anzuwerben. Manche Personen steckten ihr gesamtes Geld in Ponzi-Noten und nahmen sogar Kredite dafür auf. Dank der starken Kapitalzuflüsse konnte der Betrüger Anlegerinnen und Anlegern, die ihre Gewinne einforderten, Geld auszahlen. Viele liessen ihr Geld jedoch reinvestieren.

Ponzi setzte seine Idee für das Arbitrage-Geschäft allerdings nie um. Grundsätzlich war das von Ponzi vorgeschlagene Geschäft mit den Antwortscheinen möglich und auch nicht illegal. Wie genau der Erwerb, Transport und Verkauf der Antwortscheine in der Praxis umgesetzt werden könnte, war jedoch nicht klar. Zudem war fragwürdig, ob ein solches Geschäft im grossen Stil möglich war – dazu hätte Ponzi Millionengewinne auf dem Rücken des Weltpostvereins erzielen müssen.

Negative Medienberichte, die infrage stellten, wie Ponzis exponentielles Wachstum überhaupt möglich sein sollte, rüttelten zunehmend am Vertrauen der Anlegerinnen und Anleger und brachten auch die Behörden auf den Plan. Ponzi versuchte zwar, mit Tricks vorzugaukeln, dass er über das Geld für sämtliche geschuldeten Beträge verfügt, stellte sich jedoch schliesslich den Behörden.

Insgesamt nahm Ponzi Kundengelder in Höhe von um die 15 Millionen Dollar an. Inflationsbereinigt wären das umgerechnet über 200 Millionen Franken. Davon war praktisch nichts mehr übrig, als Ponzi Ende 1920 zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt wurde. Später folgten weitere Gefängnisstrafen für seine Machenschaften im Zusammenhang mit dem Ponzi-System.

Ponzi ist zwar für das Ponzi-System bekannt. Er machte sich jedoch sowohl davor als auch danach wiederholt strafbar und hatte bereits 1920 zwei Gefängnisaufenthalte hinter sich. Später startete er in Florida eine neue Masche, diesmal mit Immobilieninvestitionen. Auch dafür landete er im Gefängnis und wurde 1934 zurück nach Italien ausgeschafft. Ponzi starb 1949 in Brasilien.

Was sind moderne Beispiele für Ponzi-Systeme?

Charles Ponzi war nicht der Erste und auch nicht der Letzte, der mit seinem System Investorinnen und Investoren um riesige Beträge prellte. Hier zwei Beispiele:

  • Bernie Madoff

Das grösste Ponzi-System der Finanzgeschichte ist der Fall Madoff. Der erfahrene und respektierte Banker Bernard «Bernie» Madoff versprach in den 90er-Jahren Investorinnen und Investoren stabile Renditen von circa 10 Prozent pro Jahr. Insgesamt kam er so innert zwei Jahrzehnten an Kundengelder von rund 20 Milliarden US-Dollar. Madoffs Fonds war so gross, dass auch andere Anlagefirmen Teile ihrer Kundengelder dem Betrüger anvertrauten.

Mit den versprochenen Renditen schuldete Madoffs Firma seinen Kundinnen und Kunden bis 2008 über 60 Milliarden Dollar. Auszahlungen waren nur über bestehende oder neue Kundengelder möglich. Madoff machte es sich zunutze, dass viele Anlegerinnen und Anleger ihr Geld über lange Zeit investiert liessen.

Zudem hatte Madoff als ehemaliger Nasdaq-Chef viel Erfahrung und gute Verbindungen in der Finanzwelt, sodass es ihm möglich war, seine illegalen Machenschaften lange zu vertuschen – obwohl mehr und mehr Verdacht aufkam. Seine Firma überlebte sogar eine Untersuchung der US-Börsenaufsicht (SEC) im Jahr 2006 unbeschadet.

In der Finanzkrise 2007 begannen Anlegerinnen und Anleger jedoch zunehmend, ihre Guthaben zurückzufordern. Madoff erkannte, dass sein Ponzi-System zusammenbrechen wird, und warnte zwei seiner Söhne Ende 2008, die ebenfalls für ihn arbeiteten, gemäss Eigenaussagen jedoch nichts vom Betrug wussten. Die beiden informierten bereits am nächsten Tag die SEC. Madoff wurde zu 150 Jahren Gefängnis verurteilt.

  • European Kings Club

Auch in der Schweiz gab es in den 90er-Jahren einen prominenten Fall eines Ponzi-Systems: den European Kings Club (EKC). Dabei handelte es sich um eine Organisation der ehemaligen deutschen Hotelfachfrau Damara Bertges. Sie verkaufte den Mitgliedern des Clubs Anteilscheine (sogenannte «Letters») für je 1200 Franken, mit dem Versprechen, dass sie innerhalb eines Jahres 70 Prozent Profit abwerfen würden. Ein Geschäftsmodell existierte nicht – Auszahlungen waren nur möglich, weil immer mehr Personen Geld in den Club steckten.

Der EKC war in Deutschland, Österreich und der Schweiz verbreitet. Besonders in der Innerschweiz wurden viele Letters gekauft. Bertges profilierte sich als Retterin der Kleinanlegerinnen und -anleger. Um die Organisation bildete sich eine Art Kult, die dazu beitrug, dass immer mehr Mitglieder andere Personen dazu überredeten, ebenfalls ihr Geld in das Ponzi-System zu investieren.

Als die Behörden einzuschreiten begannen, interpretierten das viele Mitglieder als Sabotage. Selbst nachdem Bertges zu einer jahrelangen Haft verurteilt wurde und klar wurde, dass umgerechnet über 1 Milliarde Franken verloren waren, waren manche Mitglieder weiterhin überzeugt, dass das System ohne den Eingriff der Behörden hätte funktionieren können.

Wie erkenne ich ein Ponzi-System?

Grundsätzlich erkennt man ein Ponzi-System häufig erst, wenn es bereits aufgeflogen ist – denn solang Anlegerinnen und Anleger die versprochenen Renditen erhalten und solang das wahre Geschäftsmodell nicht bekannt ist, können Sie nie ganz sicher sein. Es gibt jedoch einige klare Warnhinweise:

  • Hohe Rendite ohne Risiko: In der Finanzwelt gilt grundsätzlich, dass hohe Renditen mit mehr Risiko verbunden sind. Wenn Ihnen jemand hohen Gewinn ohne grosses Risiko verspricht, sollten Sie sehr skeptisch sein.
  • Extrem stabile Rendite: Die Rendite einer Anlage ist in der Regel von vielen Faktoren abhängig und ist darum von einer gewissen Volatilität betroffen. Stetige Renditen, die sich nicht von Marktschwankungen beeindrucken lassen, können darum verdächtig sein.
  • Geheimnistuerei: Ein Ponzi-System basiert darauf, dass Anlegerinnen und Anleger nicht wissen, was genau mit ihrem Geld gemacht wird. Wenn ein Anbieter sich weigert, Ihnen Auskunft zu geben, ist das ein Grund zur Sorge.
  • Knausrigkeit mit Geld: In manchen Fällen wird es Anlegerinnen und Anlegern in Ponzi-Systemen schwierig gemacht, sich ihr Geld auszahlen zu lassen. Falls Sie Geld investieren und es dann plötzlich heisst, dass Sie die Gewinne nicht wie vereinbart erhalten können, sollten Sie sich vielleicht an die zuständigen Behörden wenden.
  • Unregulierte Investitionen: Wenn Anlagen nicht von staatlichen Organen wie der Schweizer Finanzmarktaufsicht oder der amerikanischen SEC reguliert werden, ist die Gefahr womöglich grösser, dass dahinter ein Betrug steckt.

Grundsätzlich gilt: Investieren Sie nicht in Anlagen, die Sie nicht verstehen. Und wenn ein Angebot zu gut aussieht, um wahr zu sein, ist es wahrscheinlich ein Betrugsversuch.

Ist ein Ponzi-System das gleiche wie ein Schneeballsystem?

Nein. Zwar haben Ponzi-Systeme und Schneeballsysteme vieles gemeinsam und die Begriffe werden teilweise sogar synonym verwendet. Der Unterschied ist jedoch, dass bei einem Schneeballsystem die versprochenen Gewinne an die Anwerbung von weiteren Personen geknüpft sind. Den Opfern wird also eine Rendite in Aussicht gestellt, wenn sie weitere Opfer zum Mitmachen bewegen können.

Beim Ponzi-System ist es zwar ebenfalls so, dass Gewinne nur dann ausgezahlt werden können, wenn es genügend neue Kapitalzugänge gibt. Aber erstens wird den Opfern dieser Zusammenhang verschleiert – es wird behauptet, dass die Gewinne aus Investitionen stammen. Und zweitens ist es im Gegensatz zum Schneeballsystem bei Ponzi-Systemen nicht ausdrücklich Aufgabe der Investoren, neue Opfer zu finden.

Aus Sicht der Betrügerinnen und Betrüger ist es jedoch wünschenswert, dass durch Mundpropaganda neue Opfer in deren Arme getrieben werden. Teilweise werden Elemente eines Schneeballsystems mit denen eines Ponzi-Systems kombiniert (zum Beispiel beim European Kings Club).

Sind Ponzi-Systeme in der Schweiz illegal?

Ja, Ponzi-Systeme verstossen gegen das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Darin heisst es unter anderem, dass es als unlauter gilt, wenn jemand unrichtige oder irreführende Angaben über seine Leistungen macht. Das trifft etwa auf Personen zu, die behaupten, mit investiertem Geld eine Rendite zu erwirtschaften, stattdessen jedoch Gewinne aus neuen Kapitalzuflüssen auszahlen. Des Weiteren ist es unlauter, Investoren Leistungen in Aussicht zu stellen, die für sie in erster Linie dann von Vorteil sind, wenn weitere Personen angeworben werden können.

Wer durch unlauteren Wettbewerb einen wirtschaftlichen Nachteil erfährt, kann auf Schadenersatz und Genugtuung klagen.

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Redaktor Raphael Knecht
Raphael Knecht war bis Ende Februar 2023 Analyst und Fachredaktor bei moneyland.ch. Seither unterstützt er die Redaktion gelegentlich als Freelancer.
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