Trinkgeld Schweiz
Geld im Alltag

Muss ich in Schweizer Restaurants Trinkgeld geben?

26. Januar 2023 - Raphael Knecht

Eine kleine Aufmerksamkeit, ein Zustupf zum Lohn oder einfach weil es sich gehört: In Schweizer Restaurants wird oft ein Trinkgeld gezahlt. Alles, was Sie über das Trinkgeld in der Schweizer Gastronomie wissen müssen.

Sind 10 Prozent Trinkgeld genug? Wer erhält dieses Geld überhaupt? Und wurde Trinkgeld in der Schweiz nicht abgeschafft? In diesem Artikel erhalten Sie Antworten auf die wichtigsten Fragen rund ums Thema Trinkgeld in der Schweiz.

Was ist ein Trinkgeld überhaupt?

Wenn Sie in einem Gastronomie-Unternehmen essen oder trinken, können Sie bei der Begleichung der Rechnung mehr zahlen, als Sie effektiv schulden. Dieser Überschuss wird Trinkgeld genannt. So spendiert der Gast dem Service-Angestellten sozusagen etwas zu trinken. Teilweise wird für den Ausdruck «Trinkgeld geben» auch der englische Begriff «Tipping» verwendet.

Muss ich Trinkgeld geben?

Es gibt keine Verpflichtung für Gäste, zusätzlich zum geschuldeten Betrag für Essen und Trinken noch Trinkgeld zu geben. Wenn Sie kein Trinkgeld zahlen wollen, müssen Sie das auch nicht.

In vielen Schweizer Gastro-Betrieben ist es jedoch üblich, ein zusätzliches Trinkgeld zu zahlen. Einer der Gründe dafür ist, dass die Löhne in dieser Branche tendenziell sehr niedrig sind. In der Gastronomie erhalten Mitarbeitende ohne Kaderfunktion laut dem Lohnbuch Schweiz einen monatlichen Medianlohn von 3500 bis 4400 Franken.

Beim Service-Personal wird das Trinkgeld zudem oft als persönliche Anerkennung für eine gute Leistung interpretiert – das trägt zur Zufriedenheit im Beruf bei. Wenn Sie kein Trinkgeld geben, kann es hingegen sein, dass das beim Personal als Kritik am Service verstanden wird.

Wie viel Trinkgeld ist in der Schweiz angemessen?

Ein typisches Trinkgeld beträgt in der Schweiz um die 10 Prozent. Es wird einfach auf einen runden Betrag aufgestockt, wobei es nicht wichtig ist, dass der zusätzliche Betrag genau 10 Prozent beträgt. Wenn Sie beispielsweise 46 Franken zu zahlen haben, können Sie auf 50 Franken aufrunden. Das entspricht einem angemessenen Trinkgeld von 8.7 Prozent.

Bei kleineren Beträgen ist es zudem üblich, einfach auf den nächsten Franken aufzurunden. Allerdings gilt auch hier, dass das Trinkgeld ungefähr 10 Prozent betragen sollte.

Wann sollte ich in der Schweiz kein Trinkgeld geben?

Es mag etwas merkwürdig klingen, aber ein extrem kleines Trinkgeld wird in Schweizer Restaurants als unanständig angesehen. Wenn Sie nicht genügend Kleingeld dabeihaben oder Sie es sich nicht leisten können, circa 5 Prozent oder mehr Trinkgeld zu geben, lassen Sie es am besten grad ganz bleiben. Ein Fünfräppler ist kein Trinkgeld.

Wie kann ich Trinkgeld geben?

Sie können ein Trinkgeld sowohl in bar als auch mit einer Kartenzahlung geben. Zahlungsmittel, die für die Rechnungsbegleichung akzeptiert werden, können normalerweise auch beim Tipping genutzt werden.

Wenn Sie bar zahlen, können Sie den Betrag inklusive Trinkgeld aushändigen und darauf hinweisen, dass Sie kein Retourgeld wünschen. Der klassische Ausdruck dafür lautet in der Deutschschweiz «Ist gut so» (oder «Isch guet so» in Mundart).

Wenn Sie hingegen mit der Karte zahlen, müssen Sie in der Regel etwas schneller sein: Sobald Ihnen das Service-Personal mitteilt, wie viel Sie zu zahlen haben, nennen Sie den Betrag inklusive Trinkgeld, den Sie stattdessen zahlen möchten. Die oder der Angestellte kann diesen neuen Betrag dann im Zahlterminal eingeben.

Teilweise können Sie auch selbst im Zahlterminal ein Trinkgeld auswählen. In diesem Fall wird Ihnen das Gerät ausgehändigt und Sie müssen den Betrag bestimmen – oder den Vorgang überspringen, falls Sie kein Trinkgeld zahlen wollen.

 

Typischerweise können Sie entweder zwischen einem Prozentwert (zum Beispiel 5, 10 oder 15 Prozent) für das Trinkgeld wählen oder selbst einen Betrag eingeben.

 

Je nach Restaurant kann es vorkommen, dass Sie bei Kartenzahlung kein Trinkgeld geben können. Sie können jedoch separat etwas zusätzlich zahlen, falls Sie etwas Bargeld dabeihaben. Oft ist Tipping mit Bargeld sowieso weniger kompliziert als per Karte.

Besonders in kleineren Betrieben wie beispielsweise Bars und Cafés gibt es für Trinkgeld oft ein Kässeli. Sie können dort Bargeld einwerfen – zum Beispiel Kleingeld, das Sie bei der Barzahlung zurückerhalten haben.

Wurde das Trinkgeld in der Schweiz abgeschafft?

Im Schweizer Gastgewerbe gibt es seit 1974 einen Gesamtarbeitsvertrag, der besagt, dass das Trinkgeld kein Lohnbestandteil der Angestellten ist. Das heisst, dass ein Arbeitgeber seinen Angestellten den vereinbarten Mindestlohn zahlen muss und sich nicht darauf berufen darf, dass Gäste noch freiwillig ein Trinkgeld geben, um den Lohn aufzustocken.

Das wird teils dahingehend interpretiert, dass das Trinkgeld abgeschafft wurde. Genau genommen heisst es aber lediglich, dass Gastro-Angestellte nicht mehr auf Trinkgelder angewiesen sind, um ihren vollen Mindestlohn zu erhalten. Das freiwillige Trinkgeld gehört in vielen Schweizer Restaurants weiterhin zum guten Ton – wohl auch, weil der Mindestlohn in der Gastro-Branche eher niedrig ist: Der Medianlohn für einen Gastro-Mitarbeiter ohne spezielle Funktion beträgt je nach Alter zwischen 3500 und 4400 Franken pro Monat.

Wer bekommt das Trinkgeld?

Wenn Sie ein Trinkgeld geben, tun Sie das normalerweise beim Begleichen der Rechnung. Das muss aber nicht heissen, dass die Person, die einkassiert beziehungsweise die Sie bedient hat, auch effektiv das Trinkgeld behalten darf. In manchen Restaurants werden die Trinkgelder auf das gesamte Team aufgeteilt. So profitiert teilweise auch das Küchenpersonal von spendablen Gästen.

Gäste können auch klar bestimmen, wem das Trinkgeld zugutekommen soll. Falls sie das nicht tun und es auch sonst keine Tipping-Regelung im Betrieb gibt, gehört das Trinkgeld der Person, die es entgegennimmt.

Auch in Betrieben mit Trinkgeld-Kässeli und wenn das Trinkgeld via Kartenzahlung erfolgt, wird das Geld in der Regel unter den Angestellten verteilt. Wie genau die Aufteilung vorgenommen wird, kann von Betrieb zu Betrieb anders sein.

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Redaktor Raphael Knecht
Raphael Knecht war bis Ende Februar 2023 Analyst und Fachredaktor bei moneyland.ch. Seither unterstützt er die Redaktion gelegentlich als Freelancer.
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