Boerse Crash Kurse anlegen
Anlegen & Vorsorge

Börsencrash – was tun?

6. August 2024 - Raphael Knecht

In diesem Artikel erfahren Sie, welche Strategien Anlegerinnen und Anleger nutzen, um ihr Vermögen bei einem Crash zu schützen.

Wenn plötzlich die Börsenkurse zusammenbrechen, läuten bei den Anlegerinnen und Anleger die Alarmglocken. Aber was können Sie überhaupt tun, wenn das Portfolio rasant an Wert verliert? Hier stellt Ihnen moneyland.ch einige gängige Strategien vor.

Abwarten und Tee trinken

Wer langfristig und breit diversifiziert anlegt, muss womöglich gar nichts unternehmen: Der historische Rendite-Rechner von moneyland.ch zeigt, dass sich das Anlegen in Schweizer Aktien langfristig praktisch immer gelohnt hat, selbst wenn es zu Krisen an der Börse kam. Wer eine «Buy and Hold»-Strategie verfolgt, konnte in der Vergangenheit problemlos daran festhalten. Voraussetzung war allerdings, dass Sie einen Anlagehorizont von mindestens zehn Jahren hatten.

Natürlich könnten Sie Ihre Rendite optimieren, wenn Sie bei grossen Krisen eingreifen. Aber das Problem ist, dass Sie im Vorhinein nicht sicher wissen, ob es sich bei den aktuellen Kursentwicklungen effektiv um eine grosse Krise oder einen temporären Taucher handelt. Darum ist nicht gewährleistet, dass Massnahmen effektiv mehr bringen als Geduld. Zudem ist die Umstrukturierung des Portfolios in der Regel mit zusätzlichen Kosten verbunden.

Ganz sicher können sich Anlegerinnen und Anleger jedoch nie wähnen. Denn die historische Entwicklung erlaubt bekanntlich keine Prognosen über zukünftige Kurse. Die nächste Krise könnte die erste in 100 Jahren sein, von der sich die Schweizer Börse nicht erholen kann. Allerdings ist dieses Szenario sehr unwahrscheinlich.

 

Auf Edelmetalle setzen

In Krisen flüchten sich Anlegerinnen und Anleger gerne in die sogenannten sicheren Häfen. Dazu gehören bestimmte Edelmetalle wie Gold. Sie gelten zwar als krisenresistent, werden aber bei Börsencrashs meistens trotzdem mit nach unten gerissen. Dies dürfte unter anderem daran liegen, dass viele Anleger zu diesem Zeitpunkt dringend Geld brauchen – beispielsweise um einem Margin Call nachzukommen. Da der Goldmarkt sehr liquid ist, kommt es bei dringendem Geldbedarf zu vermehrten Verkäufen.

Der Preis von Edelmetallen erholt sich aber meistens schneller als der Rest des Markts, wenn Anlegerinnen und Anleger systematisch beginnen, ihre Vermögenswerte in diese sicheren Häfen umzuschichten. Über längere Zeiträume steht der Goldpreis darum oft bereits wieder deutlich im Plus, während die Aktienmärkte noch in der Krise stecken. Manche Anlegerinnen und Anleger sehen darum Börsencrashs als Gelegenheit, günstig Gold einzukaufen.

In die Defensive gehen

Als weiterer sicherer Hafen gelten die sogenannten defensiven oder antizyklischen Titel. Sie werden so genannt, weil deren Kursentwicklung nicht parallel zur Wirtschaftslage verläuft. Es handelt sich dabei beispielsweise um Titel aus der Konsumgüterindustrie und der medizinischen Pflege, wo die Nachfrage ziemlich konstant bleibt, selbst wenn Konsumentinnen und Konsumenten in anderen Bereichen weniger Geld ausgeben.

Auch defensive Titel leiden bei Crashs, aber in der Regel weniger stark als zyklische. Die Erholung setzt meistens ebenfalls zügiger ein.

Defensive Werte stürzen zwar weniger ab, dafür reissen Sie aber auch seltener als spekulative Wachstumstitel nach oben aus. Anlegerinnen und Anlegern, die sich in defensive Wertschriften flüchten, geht es also vor allem um eins: Stabilität.

Geld auf dem Konto parkieren

Nur wer mit der Börse zu tun hat, muss sich um den Crash scheren – so lautet jedenfalls die Logik von denjenigen Anlegerinnen und Anlegern, die ihr Geld bei Anzeichen eines Crashs kurzerhand abziehen und auf einem Bankkonto parkieren. Damit sichern sie zumindest den Nominalwert ihres Gelds und tragen praktisch kein Risiko – falls mit dem Crash auch eine deflationäre Phase eingeläutet wird, machen sie real sogar Gewinn.

Abgesehen davon sind die Renditechancen allerdings klein. Zins gibts aktuell bei Schweizer Banken nur wenig.

Ein Risiko bei dieser Strategie ist das Timing: Wenn Sie zu spät reagieren, und die grössten Verluste bereits vorbei sind, bringt der Rückzug nicht mehr viel. Falls Sie hingegen früh reagieren wollen und sich die Kurskorrektur dann gar nicht als Crash entpuppt, haben Sie ebenfalls nichts davon, dass Ihr Geld jetzt auf einem Konto liegt. Und umgekehrt besteht natürlich immer die Gefahr, dass Sie den rechtzeitigen Einstiegspunkt an der Börse verpassen, wenn es wieder bergauf geht.

Schliesslich ist jeder Kauf und Verkauf von Wertpapieren mit Kosten verbunden. Das gesamte Portfolio zu verkaufen und später neu aufzubauen, kann darum wesentlich teurer sein, als an einer klassischen «Buy and Hold»-Strategie festzuhalten – ausser Ihr Timing macht die zusätzlichen Kosten wett.

Riskante Anlagen abstossen

Die Risikobereitschaft der meisten Anlegerinnen und Anleger sinkt in Krisenzeiten. Darum kommt es bei spekulativen Anlagen oft zum Ausverkauf, wenn sich ein Crash oder eine Rezession andeuten. Wird beispielsweise bei noch relativ jungen und kleinen Wachstumsfirmen befürchtet, dass sie eine Durststrecke gar nicht überstehen könnten, wenden sich viele Anlegerinnen und Anleger von deren Aktien ab.

Der Nachteil dieser Strategie: In der Regel sind bei riskanten Anlagen auch die möglichen Renditen höher. Wer sich beispielsweise in defensive Werte zurückzieht oder das Geld auf einem Konto parkiert, nimmt also in Kauf, dass die Gewinne, wenn es denn welche gibt, wahrscheinlich kleiner ausfallen. Die meisten Anlegerinnen und Anleger dürfte das aber wenig stören, weil sie ja sowieso kaum mit Gewinnen rechnen.

Auf Schnäppchenjagd gehen

Für sogenannte antizyklische Anlegerinnen und Anleger kann der Börsencrash ein Schlaraffenland sein: Die Kurse sinken, also greifen sie zu Discountpreisen kräftig zu. Die Hoffnung ist, dass der Abwärtstrend sich bald wieder umkehrt und die günstig erworbenen Wertpapiere dann schnell mehr wert sind. Geht die Strategie auf, können solchen Anlegerinnen und Anlegern innert kurzer Zeit hohe Gewinne winken. Allerdings gilt antizyklisches Anlegen als sehr riskant. Denn der Erfolg ist stark davon abhängig, ob jemand in der Lage ist, den Wendepunkt von Kursentwicklungen genau vorherzusagen. Wer zu günstigen Preisen Aktien kauft, deren Kurs danach noch einmal um 50 Prozent einbricht, muss wahrscheinlich lange warten, bis der Verkauf wieder rentiert.

Immerhin: Auch wenn das Timing nicht ganz perfekt ist, kann sich der Zukauf in Schwächephasen langfristig trotzdem lohnen – sofern sich die Kurse der gekauften Titel wieder auf das Niveau von vor dem Crash erholen.

 

Kosten verteilen

Wenn sich erste Anzeichen für einen Crash auf dem Markt zeigen, setzen manche Anlegerinnen und Anleger auf den sogenannten Durchschnittskosteneffekt. Sie investieren nicht einen grossen Betrag auf einmal, sondern teilen diesen in gleich grosse Tranchen auf. Diese werden bei sinkenden Kursen dann über einen bestimmten Zeitraum vorzu angelegt. Da der investierte Betrag pro Tranche gleich hoch bleibt, kaufen Anlegerinnen und Anleger auf diese Weise mehr Aktien zu tieferen Preisen. Die durchschnittlichen Kosten pro Aktie sinken.

Der Sinn dieser Strategie: Mit dem Durchschnittskosteneffekt können Anlegerinnen und Anleger von kurzfristigen Schwankungen profitieren, ohne ihr gesamtes Kapital zu riskieren. Handelt es sich jedoch nicht um eine Schwankung, sondern um einen Crash, werden zumindest die durchschnittlichen Verluste mit weiteren Zukäufen eingedämmt.

Der Nachteil ist, dass das Anlegen in Tranchen bei einem Crash weniger rentiert, als wenn Anlegerinnen und Anleger einfach mit dem Zukauf warten, bis die Erholung begonnen hat. Wer wartet, kann allerdings auch nicht von kurzfristigen Schwankungen profitieren.

Auf sinkende Kurse wetten

Mit sogenannten Leerverkäufen sowie mit Put-Optionen können Anlegerinnen und Anleger davon profitieren, dass die Börsenkurse fallen. Zeichnet sich eine stark negative Entwicklung ab, setzen manche von ihnen vermehrt auf diese Strategie.

Der grösste Nachteil von Leerverkäufen ist, dass das Verlustrisiko im Gegensatz zu herkömmlichen Long-Positionen über den Totalverlust hinausgeht. Das heisst: Sie können damit zwar einen bestimmten Gewinn, aber theoretisch auch unbegrenzt hohe Verluste machen. Wenn der Kurs wider Erwarten steigt – und da gibt es zumindest theoretisch keine Obergrenze –, müssen Sie am Schluss kräftig draufzahlen. Ein weiteres Risiko ist, dass Sie bei Short-Positionen nicht immer selbst bestimmen können, wie lange Sie sie halten. Aufgrund dieser und weiterer Risiken eignen sich Leerverkäufe in der Regel nicht für unerfahrene Anlegerinnen und Anleger.

Des Weiteren sind Leerverkäufe stark umstritten. Es wird teils argumentiert, dass Anlegerinnen und Anleger damit versuchen, vom wirtschaftlichen Leid anderer zu profitieren. Zudem können grossflächige Leerverkäufe dazu beitragen, bestehende Krisensituationen noch weiter anzuheizen.

Hedging

Eine konservative Strategie für Anlegerinnen und Anleger, die mit abrupten Kursverlusten rechnen, ist das sogenannte Hedging. Sie sichern sich mit Derivaten (zum Beispiel Futures oder Optionen) gegen Preisveränderungen ab. Sinkt der Preis der Titel im Portfolio, steigt der Wert der Derivate. Auf diese Weise bleibt das Vermögen trotz des Crashs erhalten.

Es handelt sich hier nicht um eine reine Wette auf sinkende Kurse, weil beim Hedging die bestehenden Positionen nicht verkauft und durch neue ersetzt werden. Stattdessen kommen zusätzliche Positionen dazu.

Die Strategie hat allerdings einige Nachteile: In der Regel führt diese Art von Hedging auch dazu, dass Sie bei steigenden Kursen nicht oder weniger profitieren können. Sie machen also weder Verluste noch Gewinne. Darum ist gutes Timing beim Hedging wichtig. Ein weiterer Nachteil sind die mit Derivaten verbundenen Kosten. Ausserdem eignet sich diese Strategie nur für Anlegerinnen und Anleger, die in der Lage sind, das nötige Kapital für die zusätzlichen Positionen aufzubringen.

Bitcoin kaufen

Nicht alle Anlegerinnen und Anleger wenden sich von riskanten Investments ab, wenn die Börse kriselt. Manche sehen insbesondere in Bitcoin eine Art zweites Gold. Die Hoffnung ist, dass sich die Kryptowährung insbesondere bei grosser Inflation durch eine hohe Preisstabilität auszeichnet und so reale Wertverluste wettmachen kann.

Ausserdem sind Kryptowährungen nicht direkt vom Aktienmarkt abhängig – darum ist denkbar, dass Bitcoin & Co. bei einem Börsencrash ihren Wert erhalten oder gar steigern können. Bisher hat sich das aber noch nicht bewahrheitet, da Kryptowährungen bei Börsencrashs sogar heftiger abgestürzt sind als der Aktienmarkt.

Verluste stoppen

Manche Anlegerinnen und Anleger versuchen, sich gegen plötzliche Verluste zu schützen, indem sie sogenannte Stop-Loss-Limits einrichten. Die Idee: Fällt der Kurs eines Titels unter einen bestimmten Wert, wird er sofort verkauft. Sollte der Preis danach weiter ins Bodenlose fallen, sind Anlegerinnen und Anleger mit einer solchen Limite nicht betroffen.

Diese Strategie eignet sich natürlich nur als Vorbereitung. Denn befindet sich die Börse erstmal im freien Fall, ist es wahrscheinlich zu spät, um mit einem Limit Verluste zu verhindern. Wer dann noch verkaufen will, muss sehr wahrscheinlich Verluste hinnehmen. Zudem garantieren Stop-Loss-Limits nicht, dass Sie zum angegebenen Preis verkaufen können. Oft liegt der effektive Verkaufspreis bereits wesentlich unter dem Limit, weil der Preis zu rasant oder beispielsweise auch ausserhalb der Handelszeiten fiel.

Die Gefahr bei solchen Limits ist ausserdem, dass Ihre Position automatisch verkauft wird, obwohl es sich nur um einen kurzzeitigen Taucher handelt. Wenn sich der Kurs gleich darauf wieder erholt, war der Verkauf wohl ein Fehler. Darum ist es wichtig, dass beim Stop-Loss-Limit ein Preis ausgewählt wird, der nicht allein durch etwas erhöhte Volatilität erreicht werden könnte.

Margin-Handel vermeiden

Wer auf Pump einkauft, kann an der Börse plötzlich in Bedrängnis geraten, wenn die Kurse zusammenbrechen. Viele Trader handeln im Bullenmarkt mit einer sogenannten Margin – eine Sicherheitsleistung, für die sie einen Kredit für den Börsenhandel erhalten. Da die Sicherheitsleistung in der Regel selbst von der Kursentwicklung an der Börse abhängig ist (zum Beispiel, weil es sich um Aktien handelt), kann deren Wert schwanken und im Fall eines Crashs einbrechen. Dann droht der Margin Call und die Trader sind womöglich zum ungünstigsten Zeitpunkt zum Verkauf gezwungen.

Um die damit verbundenen Verluste zu verhindern, kann es sinnvoll sein, mit einer Margin gehebelte Positionen schon aufzugeben, bevor die Kurse zu fallen beginnen. Der Nachteil ist natürlich, dass dadurch das Portfolio schrumpft. Damit sind auch die Gewinnchancen kleiner.

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Redaktor Raphael Knecht
Raphael Knecht war bis Ende Februar 2023 Analyst und Fachredaktor bei moneyland.ch. Seither unterstützt er die Redaktion gelegentlich als Freelancer.
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