Die Welt wird nach Corona eine andere sein. Das gilt auch für die Schweiz. Die Krise wird ökologische, politische, soziale und ökonomische Folgen haben. Wie stark die Spuren des Coronavirus sein werden, ist noch weitgehend unklar.
Klar ist: Die Konjunktur wird dieses Jahr und wohl auch die nächsten Jahre massiv unter Corona leiden. Je nach Branche sind die Folgen dieser Rezession unterschiedlich. Wie Anleger auf die möglichen wirtschaftlichen Änderungen reagieren können, haben wir hier dargelegt.
Im Folgenden beleuchten wir, welche konkreten und für die Schweizer Wirtschaft relevanten Entwicklungen durch Corona ausgelöst oder verstärkt werden.
1. Beschleunigte Digitalisierung
Die Digitalisierung ist ein «Megatrend», der schon seit Jahren anhält. Nun erfährt die Digitalisierung durch die Corona-Krise eine unerwartete Beschleunigung. Dies betrifft auch in der Schweiz diverse Branchen. Dazu gehören Banken, Versicherungen und der Handel von diversen Gütern, der zunehmend im Internet abgewickelt wird. Aber auch die Digitalisierung von Schulen, Universitäten, Aus- und Weiterbildungen wird vorangetrieben.
Dieser «Megatrend» umfasst zahlreiche kleinere Trends in vielen Branchen, von denen wir im Folgenden einige näher beleuchten. Unabhängig von der Branche profitieren internationale Internet-Giganten von der Digitalisierung in der Regel am meisten.
2. Mehr E-Commerce
Das Coronavirus schafft neben vielen Verlierern auch Gewinner: Dazu gehört der Online-Handel. Allerdings muss man differenzieren: Besonders die grossen Anbieter profitieren aufgrund von Skalierungseffekten überproportional. Während internationale Giganten wie Amazon oder Zalando profitieren, sind es in der Schweiz nationale Grössen wie Galaxus oder Brack. Zwar werden viele kleinere Geschäfte jetzt auch den Schritt in die Online-Welt wagen. Der Weg zum Online-Erfolg bleibt für kleinere Händler allerdings oft steinig oder ganz verwehrt.
3. Weniger Bargeld-Zahlungen
Bargeld ist in der Schweiz immer noch populär. Während der Corona-Krise haben nicht wenige Lebensmittel-Geschäfte und Bäckereien ihre Kunden aufgefordert, zurzeit nicht mehr mit Bargeld zu bezahlen. Die Limite für kontaktlose Kartenzahlungen ohne PIN ist von 40 auf 80 Franken erhöht worden.
Allgemein wird der Trend zum bargeldlosen Zahlen aufgrund von Corona auch in der Schweiz deutlich beschleunigt werden – nicht zuletzt wegen hygienischer Bedenken. Die Kartenindustrie – allen voran die internationalen Giganten Visa und Mastercard – wird das freuen. Die Vor- und Nachteile von Bargeld haben wir hier zusammengestellt.
4. Weniger Bankfilialen
Viele Schweizer Bankfilialen waren während dem Höhepunkt der Corona-Krise geschlossen. Viele Kunden haben während der Corona-Zeit gemerkt: Es geht in den meisten Fällen auch ohne Bankfilialen. Zum Einsatz können für Beratungen mittlerweile auch verschiedene Tools und Apps für Video-Anrufe kommen. Auch Kontoeröffnungen werden in Zukunft immer öfters rein digital abgewickelt werden, wie es einige Smartphone-Banken bereits vormachen. Der Trend hin zum rein digitalen Banking wird beschleunigt.
5. Mehr Home-Office und digitale Meetings
Die Corona-Krise könnte der grosse Durchbruch für das Home-Office sein. Unternehmen können mit mehr Home-Office-Mitarbeitern Mietkosten sparen. Viele Meetings lassen sich online mit entsprechender Software mindestens so effizient führen.
Allerdings befürchten einige Arbeitgeber fehlende Disziplin im Fall von Home-Office. Auch längst nicht alle Arbeitnehmer ziehen Home-Office dem gewohnten Arbeitsplatz vor, wo sie sich mit ihren Arbeitskollegen von Angesicht zu Angesicht austauschen können.
Trotzdem: Nicht wenige Schweizer Dienstleistungsfirmen dürften Home-Office in Zukunft verstärkt einsetzen, um Kosten zu sparen. Sogar die schon seit vielen Jahren beschworenen Online-Konferenzen könnten sich nun vermehrt durchsetzen.
6. Kontaktlose Interaktionen
Auch wenn Schmierinfektionen bei Corona nur eine geringfügige Rolle spielen sollten: Die omnipräsenten Aufforderungen, sich die Hände zu waschen, haben die Bevölkerung sensibilisiert. Neben Corona lauern schliesslich zahlreiche weitere Krankheiten.
Mittel- bis längerfristig werden Technologien profitieren, die kontaktloses Interagieren ermöglichen. Beispiel: Anstelle von Touchscreens könnten vermehrt Interaktionstechnologien mittels Gestik oder Stimmerkennung treten. Auch die Begrüssungsrituale im Privaten wie im Beruflichen könnten sich ändern.
7. Mehr Essenslieferungen nach Hause
Im Vergleich zu einigen anderen Ländern wie China oder den USA wurden Food-Delivery-Dienstleistungen in der Schweiz bislang verhältnismässig wenig genutzt. Während der Corona-Krise haben sich nun aber viele Schweizerinnen und Schweizer zum ersten Mal das Essen nach Hause liefern lassen. Einige sind dabei auf den Geschmack gekommen. Auch haben sich viele Restaurants neu bei Home-Delivery-Services – zum Beispiel Uber Eats oder Eat – angemeldet. Auch hier geht ein Teil der Wertschöpfung leider vermehrt an internationale Plattformen über.
8. Weniger Fitnesszentren
Es fällt auf, dass während der Corona-Krise deutlich mehr Jogger unterwegs sind. Sportbegeisterte, die sonst regelmässig im Fitnesszentrum schwitzen, ertüchtigen sich nun draussen oder zu Hause. Manche motivieren sich mit kostenlosen Workout- und Fitness-Videos. Diese Gratis-Alternativen dürften einige davon überzeugen, ihr Fitness-Abo nach der Krise nicht mehr zu verlängern. Eine Konsolidierung unter den Fitnesszentren erscheint möglich.
9. Verändertes Reiseverhalten
Der Reisebranche stehen unsichere Zeiten bevor – der Tourismus gehört zu den am stärksten betroffenen Wirtschaftszweigen. Dieses Jahr wird durch eine grössere Zurückhaltung beim internationalen Reisen geprägt sein. Wie rasch sich der internationale Tourismus danach wieder erholt, ist noch unklar.
Eine Möglichkeit ist, dass sich das Reisen vermehrt ins eigene Land oder die Region verlagert: Dass also nationale und regionale Reisen zukünftig häufiger an die Stelle von internationalen Reisen treten. Auch geschäftliche Flugreisen könnten abnehmen: Schliesslich kann man viele Meetings auch digital durchführen. Die Flugpreise dürften wieder teurer werden.
10. Vermehrte lokale Produktion
Die Grenzen und Nachteile der zunehmenden Globalisierung haben sich dank Corona deutlicher als je gezeigt. Auch in der Schweiz sind immer mehr Stimmen zu vernehmen, dass die lokale Produktion und das Schweizer Kleingewerbe wieder verstärkt unterstützt werden sollen.
Also: Einkaufen beim Bauern und im Quartierlädeli? Ob die Bevölkerung auch nach der Krise noch bereit ist, für inländische Produkte einen Aufpreis zu zahlen, muss sich erst noch weisen.
Bestimmte kritische Industrien dürften wieder vermehrt zurück in die Schweiz – oder zumindest nach Europa – geholt werden. Der Druck der Öffentlichkeit und der Bevölkerung auf die Firmen, wieder häufiger im eigenen Land zu produzieren, wird steigen.
Dazu gehört die Produktion von verschiedenen medizinischen Gütern und Medikamenten. Auch der Verkauf von Schweizer Vorzeigeunternehmen an chinesische Firmen wird noch kritischer beurteilt werden.
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