Generalversammlungen sind in der Regel eine eher trockene Angelegenheit. Einige Schweizer Firmen versuchen deshalb, ihre Aktionäre mit einem attraktiv gestalteten Rahmenprogramm und Naturaldividenden bei der Stange zu halten.
Allzu attraktiv dürfen die Annehmlichkeiten dann aber doch nicht sein. Ansonsten besteht wohl die Gefahr, dass die Versammlungen in erster Linie die berüchtigten Schnäppchen-Jäger und GV-Schrecks anziehen. Schliesslich ist man mit dem Erwerb einer einzigen Aktie schon dabei.
Tatsächlich ziehen einige Schweizer Anleger – bevorzugterweise bereits im Pensionsalter – von einer GV zur nächsten durchs Land. Besonders beliebt sind Generalversammlungen, die nicht nur gutes Essen, sondern Geschenke als zusätzliche Naturaldividenden offerieren. Wer kein Generalabonnement hat, muss manchmal nicht einmal die Anreise selbst berappen.
So finanzieren etwa die Hypothekarbank Lenzburg, die Luzerner Kantonalbank (LUKB), die Schweizerische Nationalbank (SNB), Swiss Life, die Thurgauer Kantonalbank (TKB) und die VP-Bank die Anreise für die GV-Teilnehmenden. Teilweise beschränkt sich dies jedoch nur auf eine bestimmte Region (zum Beispiel innerhalb des Tarifverbunds Passepartout im Fall der LUKB). Bei der SNB erhalten Aktionäre sogar ein schweizweit gültiges Tagesbillett der 1. Klasse.
Manche Firmen organisieren kostenlose Shuttle-Busse von Bahnhöfen zur GV. Dazu gehören beispielsweise die LUKB, Rieter, die St. Galler Kantonalbank (SGKB) und die VP-Bank. In einigen Fällen gibt es zwar keinen Gratis-Transport, aber das Parkieren ist kostenlos. So ist es etwa bei der Vaudoise und bei Schaffner.
Doch haben Schweizer Generalversammlungen wirklich etwas zu bieten? moneyland.ch hat dazu eine Umfrage bei börsenkotierten Schweizer Gesellschaften durchgeführt.
«Das grosse Fressen» an Generalversammlungen
Alle befragten Unternehmen offerieren eine kostenlose GV-Verpflegung. Während sich einige Firmen auf einen einfachen Apéro beschränken, erfreuen andere Unternehmen ihre Gesellschafter mit einem geradezu lukullischen Mahl.
Einen Apéro offerieren unter anderem die Schweizer Firmen Calida, Swiss Life und Swissquote.
Einen Schritt weiter gehen Unternehmen, die die Anleger mit einem so genannten Apéro riche – also einem besonders reichhaltigen Apéro – verwöhnen. Dazu gehören Allreal, APG SGA, die Baloise, die Berner Kantonalbank (BEKB), die Cembra Money Bank, Edisun Power, der Flughafen Zürich, die Genfer Kantonalbank, Investis, Komax, Leonteq, Mobilezone, Mobimo, die NZZ-Mediengruppe, Phoenix Mecano, Rieter (inklusive Dessert), Schaffner, Sulzer, Swisscom, TX-Group, die Valiant, die Vaudoise und die VP-Bank (plus Degustationen von Partner-Betrieben).
Bei Allreal und Sulzer gibt es zudem ein Buffet. Bei der SNB gibt es einen Stehlunch. Viele Firmen bieten den GV-Besuchern zusätzlich Kaffee, Gipfeli, Früchte sowie Erfrischungsgetränke im Vorfeld oder während des Anlasses.
Wo Mehrgänger locken
Aktionäre einiger Schweizer Unternehmen kommen sogar in den Genuss eines servierten Mittag- oder Abendessens. Dazu gehören die Gesellschafter der folgenden Firmen: Burkhalter, Coltene, Emmi (Salat, Raclette, Dessert), Hypothekarbank Lenzburg (drei Gänge in einem Lenzburger Restaurant), die LUKB (Dreigänger und Schlummertrunk), die NZZ-Mediengruppe, Pierer Mobility, SFS Group, die SGKB (verschiedene Verpflegungsstellen), Sulzer und die TGKB (Dreigänger aus regionalen Produkten).
Wohl um schnarchende Aktionäre während der Präsentationen zu verhindern, wird normalerweise erst nach vollbrachter Generalversammlung zu Tisch gebeten.
Aufmerksamkeiten für Aktionäre
Einige Gesellschaften haben sich nicht zuletzt mit ihren populären Geschenken bei Schweizer Aktionären einen Namen gemacht. Begehrt sind in der GV-Szene beispielsweise die kostenlosen Fahrten von Bergbahnen (zum Beispiel VP-Bank), der Schokoladen-Koffer von Lindt & Sprüngli, das Gratis-Pyjama von Calida, die Gratis-Uhr von Swatch, das Buch-Präsent der NZZ-Mediengruppe und Gutscheine von Freizeit-Bädern und Hotels.
Zur Enttäuschung von Schnäppchenjägern vergibt die Mehrheit der befragten börsenkotierten Firmen aber ausser einer Verköstigung keine Extra-Geschenke.
Immerhin erhalten Aktionäre von Firmen wie Allreal, APG SGA, BEKB, Cembra Money Bank, Coltene, Edisun Power, Hypothekarbank Lenzburg, Komax, Schaffner und Swisscom etwas Schoggi oder andere Süssigkeiten. Bei Emmi haben die Teilnehmenden die Möglichkeit, ausgewählte Emmi-Produkte mit nach Hause zu nehmen. Georg Fischer und die VP-Bank schenken den Aktionären Naturalien aus der Region. Mobilezone macht ebenfalls ein Geschenk (im Jahr 2023 ein Mobilezone-Monopoly und einen Einkaufsgutschein). Bei der SFS Group gibt es einen Wettbewerb, bei dem Teilnehmende kleine Präsente gewinnen können. Die TX Group gibt GV-Teilnehmenden Rabatt auf ein Digitalabo von «Finanz und Wirtschaft».
Obacht: Bei praktisch allen Unternehmen profitieren Aktionäre nur dann von Geschenken, wenn sie selbst an der Generalversammlung teilnehmen. Häufig wird das Präsent erst am Schluss der Veranstaltung überreicht, um einen vorzeitigen Exodus der Gesellschafter zu verhindern. Eine Ausnahme ist Calida: Sie müssen nicht an der GV teilnehmen, um die klassische Nachtwäsche zu erhalten. Allerdings müssen Sie mindestens 20 Aktien und einen Eintrag im Aktienregister haben, sonst gibts kein Geschenk.
Brot und Spiele
Bei den meisten Schweizer Firmen ist die Generalversammlung eine ernste Angelegenheit. Manche Unternehmen lockeren die trockenen Vorträge aber etwas auf. Dazu gehören musikalische Unterhaltungen, wie sie an den Generalversammlungen von Firmen wie der BEKB, dem Flughafen Zürich (Flughafenorchester), Rieter, Sulzer, der TKB und der VP-Bank geboten werden. Manche Firmen bieten zudem spezielle Vorträge, Videopräsentationen und andere Darbietungen an der GV, die nicht direkt mit dem geschäftlichen Teil zu tun haben. So hält beispielsweise der Chefredaktor der NZZ an der Generalversammlung der NZZ-Gruppe während des Essens eine Rede zu aktuellen Themen.
Änderungen von Jahr zu Jahr
Die Goodies und das Rahmenprogramm sind bei vielen Firmen nicht jedes Jahr identisch. So kann es beispielsweise sein, dass ein Unternehmen manchmal ein Abendessen organisiert, in anderen Jahren jedoch nur einen Apéro riche.
Insbesondere seit der Coronavirus-Pandemie kommt es zudem öfter vor, dass Firmen ihre Generalversammlung gar nicht mehr physisch abhalten. Entsprechend fallen auch Goodies wie Essen und Darbietungen weg.
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