Euro Franken Rekordtief 2022
News: Banken

Euro-Franken-Kurs jagt einen Tiefstwert nach dem anderen

8. September 2022 - Raphael Knecht

Der Franken wird gegenüber dem Euro immer stärker. Die Europäische Zentralbank versucht, diese Entwicklung einzudämmen.

Als der Franken und der Euro im März 2022 die Parität erreichten, war für die Gemeinschaftswährung noch längst nicht alles ausgestanden. Seit dem 5. Juli schaffte es der Euro nicht mehr über die Paritätsgrenze und der Franken-Euro-Kurs erreicht fast jede Woche ein neues Rekordtief. Nur unmittelbar nach der Aufhebung des Euro-Mindestkurses durch die Schweizerische Nationalbank im Jahr 2015 notierte der Euro gegenüber dem Franken kurzzeitig noch tiefer.

Aktuell kostet 1 Euro nur noch etwas mehr als 97 Rappen – Ende August waren es zeitweise sogar weniger als 96 Rappen. Hauptgrund für diese Entwicklung dürften weiterhin die allgemeinen Rezessionsängste, aber insbesondere die mit dem Ukraine-Krieg verbundene Energiekrise sein. Offenbar ist Europa von diesen Problemen wesentlich stärker betroffen als die Schweiz.

Ist der Franken wirklich stark?

Der Eurokurs lässt den Franken sehr stark aussehen. Genau genommen handelt es sich jedoch vor allem um eine Euroschwäche – nicht eine spezielle Frankenstärke. Das wird spätestens dann klar, wenn man den Franken-Dollar-Kurs anschaut: 1 US-Dollar kostet derzeit rund 97 Rappen. Noch vor einem halben Jahr waren es lediglich 93 Rappen. Der Dollar hat in dieser Zeit gegenüber dem Franken um rund 5 Prozent zugelegt. Der Franken ist also zwar weiterhin die starke Währung Europas, im weltweiten Handel fällt jedoch keine besondere Frankenstärke auf.

Hingegen zeigt sich auch bei der US-Wärung, wie schlecht es dem Euro geht: Im gleichen Zeitraum nahm der Dollar gegenüber dem Euro um fast 8.5 Prozent zu. Im Juli erreichte der Euro auch die Parität zum Dollar. Aktuell unterschreitet die Gemeinschaftswährung diese Schwelle jeden Tag.

Vorteile für Schweizerinnen und Schweizer

Für Konsumentinnen und Konsumenten aus der Schweiz ist ein schwacher Euro in vielen Fällen von Vorteil: So werden beispielsweise Einkaufstourismus und Ferien im europäischen Ausland billiger, wenn der Euro an Kraft verliert und die Preise im Euroraum gleich bleiben. moneyland.ch liefert in diesem Ratgeber-Artikel mehr Informationen zu den Effekten eines gegenüber dem Euro starken Frankens.

Aktuell ist die Inflation im Euroraum jedoch so stark, dass die positiven Effekte für Personen aus der Schweiz nur sehr schwach ausfallen dürften. Im Juli 2022 betrug die Inflationsrate gemäss Eurostat über ein Jahr gesehen 8.9 Prozent. Im August dürfte dieser Wert erneut gestiegen sein.

Zum Vergleich: In der Schweiz lag die Inflation laut Bundesamt für Statistik im vergangenen Monat bei 3.5 Prozent. Dieses Niveau ist zwar so hoch, wie es seit den 90er-Jahren nicht mehr war – aber die Inflation schreitet in der Schweiz noch lange nicht so schnell voran wie in der Eurozone. Entsprechend stark kann die Inflation die Euroschwäche für Schweizer Konsumentinnen und Konsumenten ausgleichen.

Mit der am 8. September beschlossenen Leitzinserhöhung um 0.75 Prozentpunkte versucht die Europäische Zentralbank (EZB) nun, sowohl die Euroschwäche als auch die massive Inflation einzudämmen. Dabei handelt es sich um eine so grosse Erhöhung, dass sie teils auch als «Jumbo»-Zinsschritt bezeichnet wird. Entsprechend gross sind die Hoffnungen, dass die Massnahme hilft: Für 2023 rechnet die EZB nun mit einer Inflationsrate von 5.5 Prozent, für 2024 sind es 2.3 Prozent.

Weitere Informationen:
Finanzwelt: Folgen des Ukraine-Kriegs

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Redaktor Raphael Knecht
Raphael Knecht war bis Ende Februar 2023 Analyst und Fachredaktor bei moneyland.ch. Seither unterstützt er die Redaktion gelegentlich als Freelancer.