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Versicherungen

Arbeitslosenversicherung in der Schweiz: Ratgeber

13. November 2024 - Daniel Dreier

Informieren Sie sich über die Schweizer Arbeitslosenversicherung (ALV), wie sie funktioniert, wie viel sie kostet und welche Leistungen Sie erhalten, falls Sie arbeitslos werden.

Die Schweizer Arbeitslosenversicherung ist Teil der Sozialversicherung. Diese obligatorische Versicherung ist die erste Absicherung gegen Einkommensverlust.

1. Wer muss bei der Arbeitslosenversicherung mitmachen?

  • Alle Angestellten von Schweizer Arbeitgebern, die einen Bruttolohn von 2300 Franken pro Jahr oder mehr verdienen. Hausangestellte sowie Künstlerinnen und Künstler müssen teilnehmen, egal wie hoch ihr Lohn ist.
    Personen, die Einfluss auf ein Unternehmen haben (arbeitgeberähnliche Stellung), müssen wie andere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Beiträge zahlen. Sie haben aber bei Verlust des Arbeitsplatzes in diesem Unternehmen keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld, solange dieser Einfluss besteht.
  • Arbeitnehmende ohne beitragspflichtigen Arbeitgeber (ANobAG), zum Beispiel Firmen ohne Sitz in der EU oder EFTA.

2. Wer ist von der Arbeitslosenversicherung ausgeschlossen?

  • Selbstständige Personen.
  • Landwirtschaftliche Angestellte, deren Arbeitgeber ein Familienmitglied ist.
  • Personen, die das Pensionsalter (65 Jahre) erreicht haben, selbst wenn sie weiterhin angestellt bleiben.

3. Wie viel kostet die Schweizer Arbeitslosenversicherung?

Die Prämie für die obligatorische Schweizer Arbeitslosenversicherung entspricht 2.2 Prozent des jährlichen Bruttolohns, der unter 148’200 Franken liegt.

4. Wer zahlt die Versicherungsprämien?

Sie zahlen die Hälfte der Prämie selbst – in der Regel wird der Betrag direkt vom Lohn abgezogen. Die andere Hälfte zahlt Ihr Arbeitgeber. Falls Ihr Arbeitgeber nicht beitragspflichtig ist (ANobAG), müssen Sie die gesamte Prämie selbst zahlen.

5. Wann kann ich Arbeitslosengeld beziehen?

Um in der Schweiz Arbeitslosengeld beziehen zu können, müssen Sie diese beiden Bedingungen erfüllen:

  • Bevor Sie arbeitslos wurden, hatten Sie einen durchschnittlichen Bruttomonatslohn von mindestens 500 Franken.
  • Sie haben in den zwei Jahren, bevor Sie Arbeitslosengeld zu beziehen beginnen, mindestens ein Jahr lang Beiträge an die Arbeitslosenversicherung gezahlt. Falls Sie Kinder im Alter unter zehn Jahren aufgezogen haben, sind es statt zwei Jahren vier Jahre (diese Frist verlängert sich mit jeder weiteren Geburt um maximal 2 Jahre), während derer Sie mindestens ein Jahr lang Beiträge gezahlt haben müssen.

In diesen Spezialfällen sind Sie bis zu ein Jahr lang weiterhin gegen Arbeitslosigkeit versichert, obwohl Sie keine Prämien zahlen:

  • Sie können wegen einer Schwangerschaft nicht arbeiten.
  • Ein Unfall, eine Krankheit oder psychiatrische Behandlung hindert Sie an der Arbeit.
  • Sie studieren und Ihr Studium hindert Sie an der Arbeit. Voraussetzung ist, dass Sie mindestens zehn Jahre lang am Stück in der Schweiz gewohnt haben.
  • Sie sind Schweizer Staatsbürgerin oder -bürger und leben vorübergehend in einem Land, das nicht EFTA- oder EU-Mitglied ist.

6. Wie beziehe ich Arbeitslosengeld?

Sie können Arbeitslosengeld beziehen, indem Sie sich bei der Gemeindeverwaltung oder einem regionalen Arbeitslosenvermittlungszentrum (RAV) als arbeitslos registrieren.

7. Muss ich etwas tun, damit ich Arbeitslosengeld erhalte?

Um Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung zu erhalten, müssen Sie bereit sein, eine neue Beschäftigung aufzunehmen.

Wenn Sie sich als arbeitslos melden, müssen Sie bestimmte Pflichten erfüllen, die Ihnen vom RAV auferlegt werden. Dazu können folgende Aufgaben gehören:

  • Sie müssen eine bestimmte Mindestanzahl an Bewerbungen pro Monat verschicken.
  • Sie müssen eine Weiterbildung machen.
  • Sie müssen an Programmen teilnehmen, die Ihre Beschäftigungsfähigkeit verbessern.

Sie müssen Stellen, die Ihnen angeboten werden, akzeptieren, ausser:

  • Der Lohn entspricht weniger als 70 Prozent Ihres letzten Gehalts.
  • Sie haben gesundheitliche Probleme, die sich nicht mit der Stelle vereinbaren lassen.
  • Der Arbeitsweg ist ausserordentlich lang. Das gilt in der Regel, wenn sowohl Hin- als auch Rückweg jeweils mehr als zwei Stunden Zeit in Anspruch nehmen.

Es liegt hauptsächlich am RAV, zu entscheiden, ob diese Ausnahmen in Ihrem Fall zutreffen. Sie haben aber das Recht, dessen Entscheidung anzufechten.

8. Wie viel Geld bekomme ich von der Arbeitslosenversicherung?

Standardmässig entspricht das Arbeitslosengeld 70 Prozent desjenigen Teils ihres letzten Lohns, der unter 12’350 Franken pro Monat (jährlich 148’200 Franken) liegt.

Falls einer der folgenden Fälle zutrifft, können Sie stattdessen Arbeitslosengeld in Höhe von 80 Prozent erhalten:

  • Sie haben unterhaltsberechtigte Kinder.
  • Sie haben einen Invaliditätsgrad (IV) von mindestens 40 Prozent.
  • Ihr letzter Monatslohn lag bei 3797 Franken oder weniger.

Arbeitslosengeld basiert auf Ihrem letzten Lohn, entweder über sechs oder zwölf Monate gerechnet (derjenige Wert gilt, der für Sie vorteilhafter ist).

9. Kann ich Arbeitslosengeld beziehen, wenn mir das Pensum gekürzt wurde?

Sie erhalten nicht nur Arbeitslosengeld, wenn Sie Ihren Job ganz verlieren. Auch wenn Ihr Pensum um mindestens 20 Prozent pro Woche reduziert wurde, können Sie Leistungen beziehen. In diesem Fall erhalten Sie 70 oder 80 Prozent des Lohnanteils, der Ihnen wegen der Kürzung entgeht.

Hinweis: Dieses Arbeitslosengeld ist nicht das Gleiche wie die Kurzarbeitsentschädigung (KAE). Sie gehört nicht zur Arbeitslosenversicherung.

10. Wie lange kann ich Arbeitslosengeld beziehen?

Das hängt davon ab, wie lange Sie in den zwei Jahren vor der Arbeitslosigkeit Prämien gezahlt haben:

Alter und Situation Beiträge gezahlt Arbeitslosengeld
Bis zu 25 Jahre, ohne Unterhaltsberechtigte 12 bis 24 Monate lang für bis zu 200 Arbeitstage
Bis zu 25 Jahre, mit Unterhaltsberechtigten 12 bis 18 Monate lang für bis zu 260 Arbeitstage
Ab 25 Jahre 12 bis 18 Monate lang für bis zu 260 Arbeitstage
Bis zu 25 Jahre, mit Unterhaltsberechtigten 18 bis 24 Monate lang für bis zu 400 Arbeitstage
Ab 25 Jahre 18 bis 24 Monate lang für bis zu 400 Arbeitstage
Bis zu 25 Jahre, mit Unterhaltsberechtigten
und Invalidenpension (40% oder mehr)
22 bis 24 Monate lang für bis zu 520 Arbeitstage
25 Jahre oder älter, mit Invalidenpension (40% oder mehr) 22 bis 24 Monate lang für bis zu 520 Arbeitstage
55 Jahre oder älter 22 bis 24 Monate lang für bis zu 520 Arbeitstage

 

Sie können Arbeitslosengeld für weitere 120 Arbeitstage erhalten, falls Sie innert vier Jahren vor Erreichen des Pensionsalters arbeitslos wurden.

Es gilt eine Wartezeit von null bis 20 Tagen, bevor Sie Leistungen beziehen können. Die Länge dieser Periode hängt davon ab, wie hoch Ihr Einkommen war und ob Sie Unterhaltsberechtigte (zum Beispiel finanziell von Ihnen abhängige Kinder) haben.

11. Wann gibt es Einstelltage?

Das Arbeitslosengeld wird mit sogenannten Einstelltagen gekürzt, wenn Sie selbst den Job gekündigt haben. Einstelltage sind Tage, an denen Sie kein Arbeitslosengeld erhalten. Das RAV entscheidet, wie lange diese Sperrzeit dauert. Das Minimum ist ein Tag, das Maximum 60 Tage.

In manchen Fällen gibt es auch eine Sperrzeit, wenn Sie entlassen worden sind – je nachdem, was die genauen Umstände waren. Sie können verhängte Einstelltage anfechten.

Falls Sie die laufenden Verpflichtungen (siehe Punkt 7) nicht erfüllen, können auch während der Leistungsperiode Einstelltage verhängt werden.

12. Bekomme ich weiterhin Arbeitslosengeld, wenn ich für die Jobsuche ins Ausland ziehe?

Normalerweise erhalten Sie nur Arbeitslosengeld, solange Sie in der Schweiz Ihren Wohnsitz haben. Es gibt jedoch Ausnahmen:

  • Als Schweizer Bürgerin oder Bürger erhalten Sie bis zu drei Monate lang Arbeitslosengeld, nachdem Sie für die Jobsuche in ein EFTA- oder EU-Land ziehen.
  • Als EFTA-Bürgerin oder -Bürger können Sie bis zu drei Monate lang Arbeitslosengeld erhalten, nachdem Sie in ein EFTA-Land ziehen. Dasselbe gilt für EU-Bürgerinnen und -Bürger, die in ein EU-Land ziehen.

Sie müssen in jedem Fall mindestens vier Wochen lang in der Schweiz als arbeitslos gemeldet sein, bevor Sie das Land verlassen. Bevor Sie wegziehen, müssen Sie das Formular PD U2 beim RAV beantragen. Ausnahme sind EFTA-Bürgerinnen und -Bürger, die für die Jobsuche ins Fürstentum Liechtenstein ziehen.

Nach dem Wegzug müssen Sie sich beim zuständigen Arbeitslosenvermittlungszentrum im Zielland registrieren und das Formular PD U2 vorlegen. Solange Sie sich innert sieben Tagen registrieren, entstehen keine Lücken beim Arbeitslosengeld. Sie erhalten die gleichen Leistungen, wie wenn Sie in der Schweiz leben würden. Auch während Ihres Aufenthalts im Ausland müssen Sie an das RAV berichten. Sie sind in dieser Zeit weiterhin im Rahmen der Schweizer Unfallversicherung und obligatorischen Krankenkasse versichert.

Falls Sie innert drei Monaten in die Schweiz zurückkehren, können Sie sich beim Schweizer RAV melden und weiter Leistungen beziehen, bis Ihre Anspruchsperiode endet. Sie können Arbeitslosengeld erst beziehen, nachdem Sie sich beim RAV registriert haben. Darum ist es sinnvoll, dass Sie das so bald wie möglich nach Ihrer Rückkehr tun.

Grenzgängerinnen und Grenzgänger müssen sich in ihrem Heimatland für Arbeitslosengeld anmelden, wenn ihr Anstellungsverhältnis in der Schweiz endet. Als Grenzgängerin oder Grenzgänger können Sie sich jedoch beim RAV registrieren, um Hilfe bei der Jobsuche zu erhalten.

13. Wie wirkt sich Arbeitslosigkeit auf meine Sozialversicherungen aus?

Auch nachdem Sie arbeitslos werden, müssen Sie weiterhin Beiträge für AHV, IV, Erwerbsersatz (EO) sowie Mutterschafts- und Vaterschaftsentschädigung (MSE / VSE) zahlen. Die Prämien werden anhand Ihres Arbeitslosengelds berechnet, nicht anhand Ihres vorherigen Lohns. Die Arbeitslosenversicherung trägt die Hälfte der Beiträge. Die andere Hälfte wird direkt vom Arbeitslosengeld abgezogen.

Die Arbeitslosenkasse schliesst für Sie auch eine Unfallversicherung ab und deckt einen Teil der Prämien. Die Arbeitslosenversicherung zahlt Prämien in Höhe von 1.23 Prozent Ihres Arbeitslosengelds, Sie selbst zahlen 2.47 Prozent. Der Betrag wird direkt vom Arbeitslosengeld abgezogen.

14. Wie wirkt sich Arbeitslosigkeit auf meine Pensionskasse aus?

Wenn Sie arbeitslos werden, können Sie nicht mehr bei der Pensionskasse Ihres bisherigen Arbeitgebers einzahlen.

Die obligatorische Invaliden- und Hinterbliebenenversicherung, die Sie im Rahmen der Pensionskasse erhalten, läuft bei Arbeitslosigkeit automatisch über die Stiftung Auffangeinrichtung BVG. Sie sind versichert, solange Sie Arbeitslosengeld erhalten. Die Kosten für die Prämien werden zur Hälfte von Ihnen und zur Hälfte von der Ausgleichskasse gezahlt.

Sie können Ihre bestehenden Pensionsgelder auf ein Freizügigkeitskonto, in einen Freizügigkeits-Vorsorgefonds oder auf eine Vorsorge-App einzahlen. Das Geld bleibt investiert, bis Sie entweder wieder eine Anstellung in der Schweiz haben, das Pensionsalter erreichen oder spezielle Bedingungen für den vorzeitigen Bezug erfüllen. In der Zwischenzeit können Sie keine weiteren Beiträge einzahlen.

Wenn Sie wieder eine Erwerbstätigkeit aufnehmen, können Sie Beitragslücken durch zusätzliche freiwillige Beiträge an Ihre Pensionskasse schliessen.

Falls Sie während Ihrer Arbeitslosigkeit trotzdem weiterhin in die berufliche Altersvorsorge einzahlen möchten (beispielsweise wegen Steuervorteilen), können Sie sich innert 30 Tagen, nachdem Sie arbeitslos wurden, freiwillig bei der Stiftung Auffangeinrichtung BVG anmelden. Dort haben Sie die Möglichkeit, freiwillig die Invaliden- und Hinterbliebenenversicherung, die Sie bei Ihrem vorherigen Arbeitgeber erhalten hatten, weiterzuführen. Sie müssen die Beiträge komplett selbst zahlen und die Pensionskasse verzinst sie zum gesetzlich festgelegten Zinssatz.

15. Erhalte ich Arbeitslosengeld, wenn ich erst gerade in die Schweiz gezogen bin?

Schweizer Bürgerinnen und Bürger können Arbeitslosengeld erhalten, nachdem sie aus einem Nicht-EU- oder -EFTA-Land in die Schweiz gezogen sind, wo sie während der vergangenen zwei Jahre mindestens ein Jahr lang angestellt waren. Andernfalls können Sie keine Leistungen beziehen, bis Sie mindestens ein Jahr lang Beiträge gezahlt haben.

Falls Sie arbeitslos sind und aus einem EU- oder EFTA-Land in die Schweiz reisen, können Sie nur Arbeitslosengeld erhalten, wenn Sie die Kriterien unter Punkt 5 erfüllen. Sie können jedoch im Vorfeld der Ausreise aus dem EU- oder EFTA-Land beantragen, dass Sie dort weiterhin Arbeitslosengeld erhalten, nachdem Sie in die Schweiz gezogen sind. Dazu beantragen Sie das Formular PD U2 beim Arbeitslosenamt in Ihrem jetzigen Wohnland. Je nachdem, in welchem Land Sie die Leistungen beziehen, können Sie bis zu drei oder sechs Monate lang Arbeitslosengeld erhalten, nachdem Sie in die Schweiz gezogen sind.

16. Gibt es eine zusätzliche Arbeitslosenversicherung?

Ja, es gibt zusätzliche Arbeitslosenversicherungs-Angebote von privaten Schweizer Versicherungen (zum Beispiel Income Protect von Helvetia). Falls Sie Ihren gesamten Lohn versichern möchten, können Sie es in Betracht ziehen, die Lücke mit einer solchen Privatversicherung zu schliessen.

Sie sollten bedenken, dass private Versicherungen womöglich nur den kompletten Jobverlust decken, nicht aber eine Reduktion Ihres Pensums. Die Prämien sind relativ hoch, darum ist es wichtig, dass Sie die Gesamtkosten mit den möglichen Leistungen vergleichen. Der Versicherungsrechner von moneyland.ch kann Ihnen dabei helfen.

Weitere Informationen:
Unfallversicherungen in der Schweiz
Das müssen Sie über Invalidenrenten wissen
Grenzgänger in der Schweiz: Der Finanzratgeber

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