Für die Vergabe eines Konsumkredits gibt es eine Reihe von gesetzlichen Regeln. In diesem Artikel erfahren Sie, wie viel Kredit Sie aufnehmen können und wie die Kreditfähigkeitsprüfung funktioniert.
Was ist ein Konsumkredit überhaupt?
Konsumkredite sind Kredite, die nicht zu beruflichen oder gewerblichen Zwecken abgeschlossen werden. Sie erhalten Konsumkredite nur von gewerbsmässigen Kreditgebern (zum Beispiel Banken). Die Summe eines Konsumkredits beträgt mindestens 500 und höchstens 80’000 Franken. Die Laufzeit beträgt mindestens drei Monate.
Die in diesem Artikel beschriebene Kreditfähigkeitsprüfung bezieht sich auf Barkredite. Für andere Konsumkredite sind die Regeln lockerer.
Darf ich einen beliebig hohen Kredit aufnehmen?
Nein. Wenn Sie einen Kredit aufnehmen, müssen Sie in der Lage sein, ihn unter bestimmten Bedingungen zurückzuzahlen. Konkret sieht das Gesetz vor, dass Sie im schlimmsten Fall Ihre Ausgaben auf ein Minimum reduzieren und den gesamten Rest Ihres Einkommens für die Tilgung des Barkredits aufwenden. In diesem Szenario muss es Ihnen möglich sein, die Rückzahlung innert 36 Monaten abzuschliessen. Ist das nicht der Fall, ist der Kredit zu hoch.
Wie hoch der Barkredit sein darf, hängt somit in erster Linie von Ihrem Einkommen ab. Je höher Ihr Einkommen und je mehr davon pfändbar ist, umso grösser kann ein Kredit sein. Sie gelten als kreditfähig, wenn Sie den Kredit aus Ihrem pfändbaren Einkommen zurückzahlen können.
Warum braucht es eine Kreditfähigkeitsprüfung?
Die Kreditfähigkeitsprüfung dient in erster Linie dazu, zu vermeiden, dass sich Kreditnehmerinnen und Kreditnehmer überschulden. Sie geschieht also im Interesse der Person, die den Kredit aufnehmen will – auch wenn es sein kann, dass sie wegen der Prüfung nicht den gewünschten Kredit aufnehmen darf.
Wie läuft die Kreditfähigkeitsprüfung ab?
Wenn Sie einen Kredit beantragen, muss der Kreditgeber für Sie ein Budget erstellen. In der Regel geschieht das mit einem Budgetblatt, das Sie ausfüllen, unterschreiben und mit dem Kreditvertragsformular retournieren müssen.
Wie wird die Kreditfähigkeit ermittelt?
Der Teil Ihres Einkommens, der für die Rückzahlung eines Kredits verwendet werden kann, wird auch Freibetrag genannt. Es handelt sich dabei um den pfändbaren Teil Ihres Einkommens. Im Gegensatz dazu steht der sogenannte Notbedarf – also die absolut notwendigen Ausgaben, damit sich die kreditnehmende Person ihr Existenzminimum sichern kann.
Um zu ermitteln, ob Sie einen Kredit aus Ihrem pfändbaren Einkommen zurückzahlen können, muss der Kreditgeber für Sie eine Budgetrechnung aufstellen. Die Erstellung dieses Kreditbudgets wird Kreditfähigkeitsprüfung genannt. Im Budget sollten die gesamten Ausgaben und das gesamte Einkommen der Kreditnehmerin oder des Kreditnehmers festgehalten werden. Gemäss Bundesgesetz über den Konsumkredit (KKG) muss sich der Kreditgeber bei der Erstellung des Budgets an den Richtlinien über die Berechnung des betreibungsrechtlichen Existenzminimums orientieren. Je nach Kanton unterscheiden sich diese leicht, in den meisten Fällen ist der Kreditgeber aber verpflichtet, die folgenden Posten abzufragen:
- Grundbetrag: Dieser Posten umfasst notwendige Ausgaben für Nahrung, Kleidung und Wäsche, Körper- und Gesundheitspflege, Unterhalt der Wohnungseinrichtung, Privatversicherungen, Kulturelles sowie Auslagen für Beleuchtung und Kochstrom beziehungsweise -gas. In der Regel beträgt der Grundbetrag für eine alleinstehende Person ohne Kinder 1200 Franken. Bei einer alleinerziehenden Person sind es 1350 Franken. Für Ehepaare und eingetragene Partnerschaften gilt ein Grundbetrag von 1700 Franken. Zu diesen Beträgen kommen Unterhaltskosten für Kinder: 400 Franken pro Kind bis zehn Jahre, 600 Franken für jedes Kind über zehn Jahre.
- Mietzins: Hier wird nicht mit einem Pauschalbetrag gerechnet, sondern mit den effektiven monatlichen Kosten für die Miete des Objekts, in dem die Kreditnehmerin oder der Kreditnehmer wohnt. Nicht berücksichtigt werden dabei Aspekte wie Beleuchtungskosten oder dergleichen, die bereits im Grundbetrag enthalten sind.
- Hypothekarzins: Falls die Kreditnehmerin oder der Kreditnehmer eine eigene Immobilie bewohnt, gehört der Hypothekarzins (ohne Amortisation) zusammen mit öffentlich-rechtlichen Abgaben und durchschnittlichen Unterhaltskosten ebenfalls zum Notbedarf.
- Heiz- und Nebenkosten: Die durchschnittlichen, jährlichen Kosten für die Beheizung und die Nebenkosten der Wohnräume werden separat vom Grundbetrag berechnet.
- Sozialbeiträge: Sozialbeiträge sind ebenfalls Teil des Notbedarfs. Dazu gehören, falls nicht bereits vom Lohn abgezogen: AHV, IV, EO, Arbeitslosenversicherung, Krankenkassen, Unfallversicherung, Pensions- und Fürsorgekassen sowie Berufsverbände. Nicht Teil des Notbedarfs sind Prämien für nicht obligatorische Versicherungen.
- Unumgängliche Berufsauslagen: Dazu gehören beispielsweise der erhöhte Nahrungsbedarf bei Nachtarbeit, auswärtige Verpflegung, überdurchschnittlicher Kleiderverbrauch und Fahrten zum Arbeitsplatz. In den meisten Fällen gibt es für die Berechnung Pauschalbeträge (zum Beispiel 5.50 Franken für den erhöhten Nahrungsbedarf pro Arbeitstag mit Nachtarbeit).
- Rechtlich geschuldete Unterhaltsbeiträge: Falls eine Kreditnehmerin oder ein Kreditnehmer einer Person, die nicht zum gleichen Haushalt gehört, Unterhaltsbeiträge zahlen muss, gehören diese Beträge zum Notbedarf.
- Schulung von Kindern: Besondere Auslagen für die Schulung der eigenen Kinder werden dem Notbedarf angerechnet. Dazu gehören beispielsweise Kosten für die Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel und für Schulmaterial. Erreichen die Kinder die Volljährigkeit, gelten deren Schulungskosten noch zum Notbedarf, bis sie die erste Schul- oder Lehrausbildung abgeschlossen haben beziehungsweise bis sie die Maturität oder ein Schuldiplom erreicht haben.
- Miete von Kompetenzstücken: Wenn Sie unentbehrliche Dinge (sogenannte Kompetenzstücke) wie etwa Kleider oder Möbel mieten, können die Kosten dafür dem Notbedarf angerechnet werden.
- Steuern: Für die Steuerberechnung wird bei der Kreditfähigkeitsprüfung mit der Quellensteuer gerechnet (nicht mit den effektiven Steuern gemäss Steuerrechnung). Wie viel Quellensteuer Sie auf Ihr Einkommen zahlen würden, können Sie mit Online-Tools der Kantone berechnen.
- Andere Schulden: Wenn Sie bereits andere Kredite aufgenommen haben (dazu gehört auch Leasing) oder anderweitig Geld schulden, müssen diese Verpflichtungen bei den monatlichen Kosten berücksichtigt werden.
- Gesundheitskosten: Zu den Gesundheitskosten gehören unter anderem, sofern nicht anderweitig berücksichtigt, die tatsächlich zu zahlenden Kosten für Franchise, Selbstbehalt, Zusatzversicherungen, Zahnarzt, Dentalhygiene, Brillen und Kontaktlinsen. Das Gesetz schreibt zwar nicht ausdrücklich vor, dass Gesundheitskosten zum Notbedarf gehören. Eine gängige Interpretation ist jedoch, dass diese Kosten bei der Kreditfähigkeitsprüfung zu berücksichtigen sind, weil über lange Laufzeiten gesundheitsbezogene Ausgaben nicht vermieden werden können.
- Weitere Auslagen: Es gibt insbesondere zwischen Kreditgebern und den Schweizer Schuldenberatungsstellen teils grosse Unstimmigkeiten, welche Ausgaben für den Notbedarf berücksichtigt werden müssen und in welchem Umfang. Grundsätzlich gilt für die Kreditfähigkeitsprüfung aber: Effektiv anfallende Kosten, auf die Sie nicht verzichten können oder wollen, sollten bei der Kreditfähigkeit berücksichtigt werden. Das können beispielsweise Fahrzeugkosten oder Auslagen im Zusammenhang mit einem Wohnungswechsel sein.
Dem Notbedarf gegenüber steht das gesamte Einkommen, über das eine Person verfügt. Zum Einkommen gehören insbesondere folgende Posten:
- Löhne: Wenn Sie angestellt sind, gilt Ihr monatlicher Nettolohn als Einkommen. Falls Sie beispielsweise jährlich einen dreizehnten Monatslohn oder einen Bonus erhalten, kann dieser anteilig berücksichtigt werden, sofern sicher ist, dass Sie den entsprechenden Betrag ausgezahlt erhalten werden.
- Alimente: Unterhaltsbeiträge, die Sie von einer ehemaligen Partnerin oder einem ehemaligen Partner erhalten, zählen ebenfalls zu Ihrem Einkommen.
- Leibrenten: Renten aus der privaten und beruflichen Altersvorsorge gelten als Einkommen. Renten aus der AHV oder IV sind allerdings nicht pfändbar.
- Stipendien: Wenn Sie beispielsweise im Rahmen einer Aus- oder Weiterbildung ein Stipendium erhalten, gilt dieses als Einkommen.
- Prämienverbilligungen: Falls Sie eine Prämienverbilligung für die obligatorische Krankenkasse erhalten und diese nicht bereits beim Notbedarf berücksichtigt ist, wird sie dem Einkommen angerechnet.
Die Kantone Aargau, Bern, Schwyz, St. Gallen und Zürich haben Richtlinien, die sich leicht von den obigen Ausführungen unterscheiden.
Ein konkretes Beispiel für eine erwerbstätige, alleinstehende Person ohne Kinder, die in der Stadt Zürich wohnt:
Monatliche Kosten und Einkommen |
CHF |
Grundbetrag |
1200 |
Wohnungskosten (Miete und Heizung) |
1100 |
Krankenkasse |
440 |
Hausrat- und Haftpflichtversicherung |
35 |
Auswärtige Verpflegung |
264 |
Fahrten zum Arbeitsplatz |
66 |
Gesundheitskosten |
108 |
Quellensteuer |
439 |
Notbedarf (total) |
3652 |
Nettoeinkommen |
5000 |
Freibetrag |
1348 |
Die Person verfügt also über einen monatlichen Freibetrag von 1348 Franken. Das bedeutet: Um eine Überschuldung zu vermeiden, darf ihre monatliche Kreditrate diesen Betrag nicht übersteigen.
Nähme die Person etwa einen Barkredit über 36 Monate mit einem Jahreszins von 10 Prozent auf, betrüge die maximal mögliche Kredithöhe 42’040 Franken. Mit dem Kreditrechner von moneyland.ch können Sie selbst ausrechnen, wie hoch der Kreditbetrag je nach Jahreszins, Laufzeit und Monatsrate ist.
Läuft die Kreditfähigkeitsprüfung überall gleich ab?
Nein. Kreditgeber müssen zwar bestimmte Punkte abfragen, aber sie haben einen gewissen Spielraum, was im Kreditbudget alles aufgeführt wird. Zudem werden teils Pauschalbeträge verwendet, obwohl die effektiven Kosten höher oder niedriger sind.
Oft sind die Kreditgeber bei der Kreditfähigkeitsprüfung weniger streng, sodass sie höhere Kredite vergeben können. Viele Schweizer Schuldenberaterinnen und -berater bemängeln daran, dass so die Gefahr erhöht werde, dass sich Kreditnehmerinnen und -nehmer verschulden.
Der Grund für die Unstimmigkeiten ist, dass das KKG keine eigenen Richtlinien für die Bestimmung des Notbedarfs im Rahmen der Kreditfähigkeitsprüfung aufstellt. Stattdessen verweist sie auf das Existenzminimum im Zusammenhang mit der Einkommenspfändung. Das ist problematisch, weil das Ziel bei der Einkommenspfändung ist, die Gläubiger zu befriedigen, indem eine möglichst hohe Pfändungsquote (und somit ein möglichst niedriger Notbedarf) erreicht wird. Ein niedriger Notbedarf ist jedoch nicht im Interesse von Kreditnehmerinnen und Kreditnehmern. Zu deren Schutz ist es darum sinnvoll, bei der Kreditfähigkeitsprüfung konservativer vorzugehen als bei der Einkommenspfändung.
Prognose statt Momentaufnahme
Der Notbedarf, wie ihn Betreibungsämter für die Einkommenspfändung berechnen, unterscheidet sich in der Regel leicht von der hier beschriebenen Kreditfähigkeitsprüfung. Das liegt nicht nur daran, dass das Betreibungsamt eine möglichst hohe Pfändungsquote erreichen will. Ein weiterer Unterschied ist, dass das Existenzminimum laufend anhand der effektiven Kosten angepasst werden kann. Es handelt sich dann jeweils um eine Momentaufnahme. Solche Anpassungen geschehen in der Regel auf Antrag des Schuldners. Bei der Kreditfähigkeitsprüfung geht es hingegen darum, eine Budgetprognose für die Laufzeit des Kredits zu verfassen. Vorhersehbare Veränderungen sind also bereits zu berücksichtigen, bevor es dazu kommt.
Gibt es unpfändbares Einkommen?
Ja. Ausser dem Notbedarf gibt es noch andere Einkommen, die nicht gepfändet werden dürfen, selbst wenn sie den Notbedarf übersteigen. Dazu gehören beispielsweise AHV- und IV-Renten, Ergänzungsleistungen zur AHV und IV sowie Leistungen aus der Sozialhilfe. Weitere Details zu den nicht pfändbaren Vermögenswerten erfahren Sie im Pfändungs-Ratgeber von moneyland.ch. Für die Kreditfähigkeit sind nur pfändbare Einkommensanteile ausschlaggebend.
Welche Rolle spielt mein Vermögen bei der Kreditvergabe?
Wie gross Ihr Vermögen ist, spielt keine Rolle bei der Vergabe von Barkrediten. Ein Kredit wird unter der Annahme vergeben, dass Sie ihn aus Ihrem pfändbaren Einkommen zurückzahlen. Das leuchtet auch ein: Wenn Sie vorhätten, einen Kredit aus Ihrem Vermögen zu tilgen – zum Beispiel indem Sie Ihr Auto verkaufen – dann bräuchten Sie den Kredit womöglich gar nicht. Stattdessen könnten Sie einfach sofort das Auto verkaufen und so das benötigte Geld erhalten.
Muss ich meine eigene Kreditfähigkeitsprüfung machen?
Nein, aber es ist dringend zu empfehlen. Wenn Sie Ihren Freibetrag selbst berechnen, können Sie einen konservativen Notbedarf festlegen und allenfalls auch Kosten berücksichtigen, die der Kreditgeber nicht berücksichtigen muss. Wenn Sie Ihre eigenen Kosten im Detail kennen, können Sie zudem den Kreditgeber auf Posten hinweisen, die bei dessen Prüfung nicht abgefragt werden.
Zumindest sollten Sie das Budgetblatt des Kreditgebers nach dem Ausfüllen kritisch überprüfen und sich fragen, ob die angegebenen Kosten in der Höhe realistisch sind und ob es noch weitere Kosten gibt, die voraussichtlich anfallen werden. Wenn Sie beispielsweise teure Zusatzversicherungen abgeschlossen haben, deren Prämien in der Kreditprüfung aber nicht berücksichtigt wurden, sollten Sie diese entweder berücksichtigen oder die Versicherungen kündigen.
Leider schützt die Kreditfähigkeitsprüfung die Schweizer Kreditnehmerinnen und -nehmer in der Praxis nicht so gut, wie sich der Gesetzgeber erhofft. Darum gilt: Je besser Sie über Ihre eigene Kreditfähigkeit Bescheid wissen, umso besser können Sie sich vor Überschuldung schützen.
Ist Kreditfähigkeit das Gleiche wie Kreditwürdigkeit?
Nein. Die in diesem Artikel beschriebene Kreditfähigkeit besagt, ob eine Person in der Lage ist, die monatlichen Kreditraten aus ihrem Einkommen zu tilgen. Die Kreditwürdigkeit betrifft die Zahlungsmoral der kreditnehmenden Person: Wie wahrscheinlich ist es, dass sie den Kredit zurückzahlen wird? Dabei sind nicht Einkommen und Ausgaben ausschlaggebend, sondern Faktoren wie das Zahlungsverhalten in der Vergangenheit und demographische Risikofaktoren wie Alter und Nationalität.
Kreditfähigkeit und Kreditwürdigkeit werden zusammen als die Bonität einer Person bezeichnet.
Weitere Informationen:
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