Verheiratete lassen sich in der Schweiz relativ häufig scheiden: Gemäss dem Bundesamt für Statistik werden jährlich rund 16’500 Ehen geschieden. Doch viele Betroffene sind sich nicht bewusst, welche Auswirkungen eine Scheidung auf ihr Portemonnaie hat.
Nachfolgend beantwortet moneyland.ch acht wichtige Fragen zu den finanziellen Folgen einer Scheidung in der Schweiz.
1. Was geschieht bei einer Scheidung mit meinem Vermögen?
Dies hängt in erster Linie davon ab, ob Sie einen Ehevertrag abgeschlossen haben. Wenn Sie keinen Ehevertrag abgeschlossen haben, gilt der ordentliche Güterstand. Dieser sieht vor, dass das gesamte voreheliche Eigentum und Vermögen auch nach der Scheidung im Besitz der jeweiligen Person bleibt. Das gilt auch für Erbschaften und Schenkungen während der Ehe. Das gesamte während der Ehe erwirtschaftete Vermögen wird je zur Hälfte auf beide Parteien aufgeteilt.
Falls Sie dies nicht möchten, sollten Sie vor der Scheidung einen Ehevertrag aufsetzen. Im Ehevertrag können Sie einen anderen Güterstand vereinbaren.
2. Welchen Einfluss hat eine Scheidung auf meine Steuern?
Eine Scheidung beeinflusst die zu entrichtenden Steuern massiv: Bei unverheirateten Personen wird die Steuerklasse anhand des persönlichen Einkommens bestimmt. Bei Eheleuten ist hingegen das gemeinsame Einkommen massgebend.
Faustregel: Falls Sie und Ihr Ehepartner beide ein respektables Einkommen haben, werden Ihre Steuern nach der Scheidung häufig sinken. Grund dafür ist das niedrigere Einkommen und somit die niedrigere Steuerklasse. Anders sieht es hingegen bei Ehepaaren mit nur einem Einkommen aus: Falls Ihr Ehepartner oder Ihre Ehepartnerin nichts oder nur einen geringen Lohn verdient, werden Ihre Steuern nach der Scheidung in der Regel ansteigen.
Dies liegt daran, dass Sie Ihr Einkommen nicht mehr mit dem tiefen respektive nicht vorhandenen zweiten Einkommen ausgleichen können. So landen Sie in einer höheren Steuerklasse. Auf der anderen Seite profitieren Sie nach der Scheidung von tieferen Steuern, wenn Ihr Ehepartner oder Ihre Ehepartnerin ein viel höheres Einkommen hat als Sie: Nach der Scheidung rutschen Sie in eine tiefere Steuerklasse und bezahlen dadurch weniger.
Unterhaltsbeiträge für Kinder können vom steuerbaren Einkommen abgezogen werden. Die Unterhaltsbeiträge müssen vom Empfänger als Einkommen deklariert werden. Das gilt auch für das (erwachsene) Kind, falls dieses die Unterhaltsbeiträge direkt erhält.
Beachten Sie, dass sich die Steuergesetze von Kanton zu Kanton stark unterscheiden. Die Auswirkungen einer Scheidung auf die Steuern hängen also auch von Ihrem Wohnort ab und müssen individuell abgeklärt werden.
3. Was geschieht bei einer Scheidung mit meinen Beiträgen an die Sozialversicherungen?
Während der Ehe einbezahlte AHV/IV-Beiträge werden bei einer Scheidung auf die beiden Ehepartner aufgeteilt – sofern ein Ehepaar länger als ein Jahr verheiratet war. Im Fachjargon wird diese Aufteilung Einkommensteilung oder Einkommenssplitting genannt. Nach der Scheidung müssen Sie bei Ihrer Sozialversicherungsanstalt die Trennung Ihrer Sozialversicherungsleistungen beantragen. Die Aufteilung der Beiträge ist gesetzlich geregelt. Sie können die Bestimmung nicht durch einen Ehevertrag umgehen.
AHV: Nach der Scheidung erhalten beide Parteien bei der Pensionierung eine volle AHV-Rente. Im Gegensatz dazu erhalten verheiratete Paare nur je 75 Prozent einer vollen Rente.
IV: Durch die Scheidung kann sich auch Ihre IV-Rente massiv reduzieren. Insbesondere, wenn Sie noch jung sind und erst einen geringen Beitrag einbezahlt haben. In diesem Fall lohnt sich unter Umständen eine vorübergehende private Invalidenversicherung. So sind Sie versichert, bis Sie Ihre Beitragslücken geschlossen haben.
Hinterlassenenrente: Geschiedene Frauen haben nach dem Tod ihres Ex-Mannes weiterhin Anspruch auf eine Hinterlassenenrente, wenn sie mindestens eines der folgenden Kriterien erfüllen:
-
Sie werden 45 Jahre alt, bevor ihr jüngstes Kind 18 Jahre alt wird.
-
Die Ehe dauerte mindestens 10 Jahre und sie waren zum Zeitpunkt der Scheidung älter als 45 Jahre.
-
Sie waren mindestens 10 Jahre verheiratet und haben ein Kind (unabhängig vom Alter des Kindes).
Geschiedene Männer haben Anspruch auf eine Hinterlassenenrente, wenn ihre Ex-Frau stirbt, aber nur, wenn sie Kinder unter 18 Jahren haben. Sie erhalten diese Rente bis zum 18. Geburtstag des jüngsten Kindes. Gleiches gilt für geschiedene Frauen, die die oben aufgelisteten Kriterien nicht erfüllen.
4. Hat eine Scheidung auch Einfluss auf meine Rente aus der Pensionskasse?
Die von beiden Ehepartnern einbezahlten Beiträge an die Pensionskasse werden bei einer Scheidung je zur Hälfte aufgeteilt. Dies gilt auch dann, wenn Sie eine Gütertrennung vereinbart haben.
Durch die Aufteilung der Beiträge können grosse Beitragslücken entstehen. Diese Lücken können Sie durch freiwillige Einkäufe in die Pensionskasse schliessen. Beachten Sie allerdings die entsprechenden Bestimmungen Ihrer Pensionskasse.
Personen ohne Arbeitgeber müssen ihren Anteil nach der Scheidung in ein Freizügigkeitskonto oder einen Vorsorgefonds einzahlen.
5. Was geschieht mit meinen Einzahlungen in die gebundene Vorsorge (Säule 3a)?
Einzahlungen in die gebundene Vorsorge 3a werden bei einer Scheidung wie normales Sparvermögen behandelt: Bereits vor der Heirat einbezahltes Vorsorgevermögen verbleibt in Ihrem Besitz. Dies gilt auch für während der Ehe geleistete Beiträge aus Schenkungen oder Erbschaften. Das restliche Vorsorgevermögen wird je zur Hälfte auf die beiden Parteien aufgeteilt.
Das Vermögen muss auch nach der Scheidung in der gebundenen Vorsorge verbleiben. Das heisst: Sie müssen nach der Scheidung ein entsprechendes Konto eröffnen, wenn Sie noch keines haben. Das richtige Vorsorgekonto finden Sie mit unserem Sparkonten-Vergleich für die Säule 3a.
6. Alimente und Unterhaltszahlungen
In der Schweiz sind Geschiedene grundsätzlich nicht zu langfristigen Unterhaltszahlungen an den Ex-Partner oder die Ex-Partnerin verpflichtet. Bei der Scheidung einer langjährigen Ehe können aber für eine gewisse Zeit Unterhaltszahlungen fällig werden. Dies gilt auch, wenn Ihr Ex-Partner oder Ihre Ex-Partnerin schlechte Aussichten auf ein ausreichendes Einkommen hat.
Wenn Sie gemeinsame Kinder haben, müssen Sie beide auch nach der Scheidung Ihren finanziellen Verpflichtungen gegenüber Ihren Kindern nachkommen. Lebt ein Kind nur mit einem Ehegatten zusammen, kann der andere Ehegatte verpflichtet sein, Unterhalt für das Kind zu zahlen.
Die Höhe der Alimente und der Unterhaltszahlungen wird gerichtlich festgelegt und unterliegt kantonalen Richtlinien. Wenn Ihre Kinder nach der Scheidung bei Ihnen wohnen, müssen Sie keinen Unterhalt bezahlen. Auch Personen, deren Einkommen unter dem Existenzminimum liegt, sind grundsätzlich nicht unterhaltspflichtig.
7. Bin ich nach der Scheidung noch erbberechtigt?
Nach einer Scheidung haben Sie keinen Anspruch auf eine Erbschaft aus dem Vermögen Ihres Ex-Partners oder Ihrer Ex-Partnerin. Und zwar weil Sie bei der Scheidung bereits Ihren Anteil des Vorsorgevermögens und des gemeinsamen Eigentums erhalten. Kinder haben auch nach der Scheidung weiterhin das Recht auf ihren Pflichtteil bei Erbschaften von beiden Elternteilen.
Ausführliche Informationen finden Sie im Ratgeber zum Thema Erbschaften in der Schweiz.
8. Wer übernimmt die Rechtskosten?
Bei regulären Scheidungen übernehmen beide Parteien je die Hälfte der Rechtskosten. Die Gerichtsgebühren können sich schnell zu mehreren Tausend Franken addieren. Rechtsanwälte verrechnen in der Regel einige Hundert Franken pro Stunde. Rechtsschutz-Versicherungen übernehmen die Kosten einer Scheidung im Normalfall leider nicht.
Allerdings decken einige Rechtsschutz-Versicherungen die Kosten für Rechtsberatungen im Bereich Eherecht. Damit lässt sich während dem Gerichtsverfahren Geld sparen. Entsprechende Rechtsschutz-Versicherungen finden Sie im unserem Vergleich von Rechtsschutz-Versicherungen. Wählen Sie dazu unter «Beratungsgebiete» das Kriterium «Eherecht». Beachten Sie, dass es für bestimmte Leistungen Karenzfristen geben kann.
Weitere Informationen:
Rechtsschutz-Versicherungen
Heiraten in der Schweiz: Finanzielle Vor- und Nachteile
Erbschaften in der Schweiz: Wer bekommt was?
Finanzielle Ungleichheit zwischen Frauen und Männern in der Schweiz