Berufliche Selbstständigkeit ist in der Schweiz eine selbstorganisierte, gewinnorientierte Tätigkeit, für deren Ausübung Sie selbst das Risiko tragen. Im Zusammenhang mit der Sozialversicherung gelten Sie als selbstständig erwerbstätig, wenn Sie bei einer Schweizer Ausgleichskasse als selbstständig angemeldet sind. Das gilt in der Regel für Inhaberinnen und Inhaber eines Einzelunternehmens oder einer einfachen Gesellschaft. Anders ist es bei Inhabern von Aktiengesellschaften (AG) und Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH): Sie gelten als Angestellte ihrer eigenen Unternehmen.
Falls Sie die berufliche Selbstständigkeit in Betracht ziehen, sollten Sie sich etwas Zeit nehmen, um herauszufinden, welche Konsequenzen diese Entscheidung auf die wichtigsten Aspekte Ihres finanziellen Lebens hat.
1. Unfallversicherung
Wenn Sie angestellt sind, muss Ihr Arbeitgeber für Sie eine berufliche Unfallversicherung (UVG) abschliessen, die Ihnen bei Erwerbsausfall Leistungen zahlt. Sind Sie hingegen selbstständig, müssen Sie eine eigene Unfallversicherung abschliessen.
Falls Sie sich nur gegen unfallbedingte medizinische Kosten versichern wollen, können Sie die Unfallversicherung der obligatorischen Krankenkasse nutzen. Damit sind Sie jedoch nicht gegen Erwerbsausfall versichert und müssen Franchise und Selbstbehalt zahlen.
Wenn Sie hingegen im Rahmen der Unfallversicherung auch eine Erwerbsausfallversicherung, Hinterbliebenen- und Invalidenrente wollen, müssen Sie eine freiwillige, private Unfallversicherung abschliessen. Viele Schweizer Versicherungsgesellschaften bieten Unfallversicherungen für Selbstständige, deren Leistungen denen der UVG entsprechen. Der Nachteil: Je nach Art des Berufs und Lebensstil kann eine private Unfallversicherung sehr teuer sein. Es kann darum sinnvoll sein, mehrere Versicherungsofferten einzuholen und sich zu entscheiden, ob Sie wirklich eine Unfallversicherung abschliessen möchten.
2. Pensionskasse und Altersvorsorge
Selbstständig Erwerbstätige müssen sich keiner betrieblichen Altersvorsorge anschliessen. Wenn Sie trotzdem weiterhin mit der beruflichen Vorsorge Ihr Vorsorgeguthaben aufbauen und die damit verbundenen Steuerabzüge geltend machen wollen, haben Sie mehrere Möglichkeiten:
- Viele Schweizer Branchenverbände bieten eine freiwillige berufliche Vorsorgeeinrichtung für ihre selbstständigen Mitglieder. Zwei Beispiele dafür sind die Pensionskasse des Schweizerischen Anwaltsverbands und die Pensionskasse Musik und Bildung, die mit vielen Verbänden für private Lehrerinnen und Lehrer zusammenarbeitet.
- Sie können einen Pensionsplan der Stiftung Auffangeinrichtung BVG nutzen.
- Falls Ihr Unternehmen Angestellte hat, erlaubt womöglich die Pensionskasse, bei der diese Personen versichert sind, auch Ihnen, sich anzuschliessen. Jede Pensionskasse hat ihre eigenen Regeln, ob Firmeninhaber am Pensionsplan teilnehmen können oder nicht.
Eine alternative Möglichkeit der steuerlich abziehbaren Altersvorsorge ist die Säule 3a. Wenn Sie selbstständig sind und keine berufliche Vorsorge haben, können Sie bis zu 20 Prozent Ihres Einkommens in die Säule 3a einzahlen (bis zu einer jährlichen Obergrenze). Wenn Sie eine Pensionskasse haben, können Sie ebenfalls 3a-Beiträge zahlen – aber nur bis zur jährlichen Obergrenze, die auch für Angestellte gilt. Für die Säule 3a können Sie unter anderem Sparkonten, Vorsorgefonds und Vorsorge-Apps nutzen.
Wichtig: Viele Versicherungen werben mit gemischten Lebensversicherungen als Altersvorsorgelösung für Selbstständige. Solche Lebensversicherungen sind aber unflexibel und teuer. Anlegen und Versichern sollten Sie trennen. Wenn Sie ein Risiko wie einen Todesfall versichern möchten, sollten Sie besser eine reine Risikolebensversicherung abschliessen.
3. Sozialversicherung
Wenn Sie sich selbstständig machen, müssen Sie das bei einer Ausgleichskasse melden. Dabei müssen Sie nachweisen, dass Sie Ihr eigenes Kapital riskieren und auf eigene Rechnung arbeiten. Normalerweise müssen Sie zudem mehrere Kunden haben – wenn Sie nur für ein oder zwei Unternehmen arbeiten, kann das als Anstellungsverhältnis ausgelegt werden. Selbstständigerwerbende zahlen die Beiträge für Sozialversicherungen vollständig selbst.
Tipp: Neben den kantonalen Sozialversicherungsanstalten gibt es auch viele Verbandsausgleichskassen. Die meisten bieten ihre Dienstleistungen Mitgliedern bestimmter Branchenverbände an. Es lohnt sich zu prüfen, ob Sie Anspruch auf solche Leistungen haben. Falls ja, sollten Sie vergleichen, wie hoch die Verwaltungsgebühren bei diesen Anbietern und bei der kantonalen Ausgleichskasse sind. In der Regel sind die Gebühren bei privaten Versicherungen niedriger.
4. Invalidenversicherung
Falls Sie sich einer Pensionskasse mit guter Invalidenversicherung anschliessen können, sind Sie womöglich bereits ausreichend für den Fall versichert, dass Sie wegen einer Krankheit nicht arbeiten können und Einkommensverluste haben. Andernfalls können Sie Lücken in der Invalidenversicherung mit privaten Invalidenversicherungen schliessen. Aber wie bei der privaten Unfallversicherung können die Prämien sehr hoch sein, wenn Ihre Arbeit mit hohen beruflichen Risiken verbunden ist.
5. Arbeitslosenversicherung
Zu wissen, dass Sie auch bei Arbeitslosigkeit noch ein Einkommen erhalten, gibt viel Sicherheit. Leider sind Selbstständige nicht über die Arbeitslosenversicherung versichert. Das bedeutet, dass Sie selber genügend Ersparnisse beiseite legen sollten, um die Kosten für Ihren Lebensunterhalt eine Weile lang zu decken, falls Ihr Unternehmen bankrottgehen sollte.
6. Krankentaggeld
Im Gegensatz zu Angestellten, die Anspruch auf bezahlte Krankheitstage haben, müssen sich Selbstständige darauf einstellen, dass sie im Krankheitsfall kein Einkommen erzielen können.
Eine sehr lange Krankheit (Invalidität) wird durch die obligatorische IV und, falls vorhanden, durch Ihre berufliche Pensionskasse oder private Invalidenversicherung abgedeckt. Es ist jedoch zu empfehlen, zur Deckung von Einkommensausfällen bei kürzeren Erkrankungen Geld auf die Seite zu legen.
7. Elternschaftsurlaub und Wehrpflicht
Selbstständigerwerbende müssen Beiträge an die Leistungen der Erwerbsersatzordnung (EO) zahlen. Sie zahlen die Beiträge im Rahmen der Sozialversicherung. Wenn Sie ein Baby bekommen, können Sie basierend auf Ihrem Jahreseinkommen Mutterschafts- beziehungsweise Vaterschaftsgeld beantragen. Falls Sie Wehrdienst leisten müssen, können Sie ebenfalls EO-Leistungen als Ersatz Ihres Einkommens erhalten.
8. Haftpflicht
Wenn Sie für einen Arbeitgeber tätig sind, haftet dieser für Ihr berufliches Handeln, solange Sie bei Ihrer Arbeit die gebotene Sorgfalt walten lassen. Selbstständigerwerbende tragen die gesamte Haftpflicht selbst.
Die selbstständige Erwerbstätigkeit gilt bei Einzelunternehmen, gewinnorientierten einfachen Gesellschaften, Kollektivgesellschaften und Kommanditgesellschaften. Bei all diesen haftet der Gründer beziehungsweise Hauptgesellschafter persönlich für die finanziellen Verpflichtungen des Unternehmens.
Tipp: Je nach Grösse Ihres Unternehmens kann die Gründung einer GmbH oder AG sinnvoll sein, da Ihre persönliche Haftung für das Unternehmen im Vergleich zu anderen Unternehmensformen reduziert ist.
Eine gewerbliche Betriebshaftpflichtversicherung für Ihr Unternehmen hilft, Sie vor den finanziellen Folgen von Verletzungen oder Verlusten an Dritten (zum Beispiel Kundinnen und Kunden) zu schützen.
Für bestimmte Berufe kann der Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung vorgeschrieben sein. Zum Beispiel müssen medizinische Fachkräfte eine Berufshaftpflichtversicherung abschliessen, um in der Schweiz praktizieren zu dürfen. Kantone können eigene Anforderungen für bestimmte Berufe stellen.
Sonderfall: Anstellung bei einem ausländischen Arbeitgeber
Viele Personen leben in der Schweiz, sind aber bei einem ausländischen Arbeitgeber angestellt (zum Beispiel Remote-Arbeit über das Internet). Das ist nicht dasselbe wie Selbstständigkeit.
Wenn Sie für einen Arbeitgeber in einem Land arbeiten, mit dem die Schweiz ein entsprechendes Sozialversicherungsabkommen hat, bestimmt der Umfang der von der Schweiz aus geleisteten Arbeit, ob Sie in der Schweiz oder im Land Ihres Arbeitgebers sozialversicherungspflichtig sind.
Befindet sich Ihr Arbeitgeber in einem Land, das kein Sozialversicherungsabkommen für Arbeitnehmer in der Schweiz hat, erhalten Sie vom schweizerischen Sozialversicherungsamt die Bezeichnung Anobag.
Weitere Informationen zu Anobag finden Sie hier.
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